Elysisches
Melancholie an Kurt Wolff
Dort in Prag, wo neukatholsche Christen
heimisch sind, teils aber Pantheisten,
hingeschwellt am Tag,
dort ertönt manch morgendlicher Triller
aus der Jugendbrust des andern Schiller;
ausgerechnet das geschieht in Prag.
Aus dem Orkus in das Grenzenlose
wird gewendet eine alte Hose,
was Ergetzung schafft.
Der dort schaukelt auf der Morgenröte,
der hier hat den Ton des alten Goethe;
denn Gewure heißt auf deutsch die Kraft.
Aber besser noch sind zwo Gewuren,
denn das zeucht dann hin wie Dioskuren,
was nur mich nicht freut,
unterscheid’ ich unbeirrter Mahner
junge Prager, alte Weimaraner;
doch Talent hat schließlich jeder heut.
Wer im Himmel oder unberufen
gar an des Olympus heiligen Stufen
wie das Kind im Haus,
morgen hat er wieder andre Sorgen,
etwa zwischen Hölty und Laforgen
kennt er sich mit jeder Note aus.
Wer entzückt im Flügelkleide wandelt
oder andrer Art mit Büchern handelt,
Gott gefallen mag.
Die hier gehn nur — merkt auf das Exempel
nebst der Kirche in den Sonnentempel
und erscheinen auch im »Jüngsten Tag«.
Reingebadet in entlieh’nen Lenzen,
läßt der Seele Überschwang nicht Grenzen
fremdem Element.
Heute ist sie à la Rimbaud tropisch,
morgen schlicht kopiert sie schon den Kopisch,
hat ein ausgesprochenes Formtalent.
Solchem Wesenswandel wehrt kein Veto,
hin zu Goethen geht es aus dem Ghetto
in der Zeilen Lauf,
aus dem Orkus in das Café Arco,
dorten, Freunde, liegt der Nachruhm, stark o
liegt er dort am jüngsten Tage auf.
Wer in altem oder Neugetöne,
jedenfalls in ausgeborgter Schöne
sich dahin ergeußt,
pochend mit der Jugend Nervenmarke
letzt sich noch mit seinem letzten Quarke
an der Quelle, die da für ihn fleußt.
Denn vom schönen Einfluß der Kamönen
können sie sich nun mal nicht entwöhnen,
und kein Hindernis
ist es für der Phantasei Erfindung
und die literarische Verbindung.
Diesen Faden keine Parze riß!
Und geklagt sei es dem ewigen Gotte,
daß der Literaten heutige Rotte
ihr Elysium
findet, denn wer nur am Worte reibt sich,
wird gedruckt bei Drugulin in Leipzich.
Edler Jüngling Wolff, ich klage drum.