Eros und der Dichter
Eros
Stimm’ ich nimmer den Verstimmten,
der mich immer suchend fand?
Wenn die Gluten dir verglimmten,
oh wie dunkel wird das Land!
Du, der mir auf allen Spuren
rannte nach in Brand und Hast,
aller Formen und Naturen
nie ersattend gier’ger Gast —
Dichter
— noch genießend im Gedenken,
lebt’ ich nie die Fülle aus!
Willst du ferner sie mir schenken,
so verschließe ich das Haus.
Laß die Gluten mir verglimmen,
auf den Kopf die Asche streun!
Nimmer wirst du mich bestimmen,
nie mehr wird es sich erneun!
Eros
Fliehen mich die Halben, Leeren,
meinem Geiste unverwandt —
soll ich nun auch dich entbehren,
dem aus Nichts die Welt entstand?
Wie ein Schwacher sich ergänze,
wenn er eine Ganze schwächt,
bleib’ ich fern von solcher Grenze
und es bleibe im Geschlecht.
Dichter
Ja, das war wohl unsre Richtung,
wir verstanden uns im Nichts.
Nun entbehre meine Dichtung
auch noch dieses Schwergewichts.
Ach wie waren wir verloren
doch an das geringste Ding!
Selbst gezeugt und selbst geboren
hatte man auf deinen Wink.
Eros
Brauchte nur was hinzuhalten
und gleich hatte es Gestalt
und im Wechsel der Gestalten
war der schönste Aufenthalt.
Himmelwärts erwuchs die Gasse
und der Nacht entflammt’ ein Licht.
Wir erkannten der Grimasse
göttergleiches Angesicht.
Dichter
Aber immer doch vom Weibe
ging die ganze Wohltat aus.
Suche solchem Zeitvertreibe
endlich dir ein andres Haus!
Wie das Himmelreich aus Plunder
einem Augenblick ersteht,
ausgelernt ist dieses Wunder,
lehr ein anderes Gebet!
Eros
Wie du heute mir verwehrend
und verzichtend auch verzagst,
wie du in dich selber kehrend,
immer klagend mir entsagst —
durchgebrannt von deinen Gluten,
reißt es dich von mir nicht fort.
Willst du dich auch noch so sputen,
nehm’ ich schneller dich beim Wort!
Dichter
Ach beim Wort, es eilt, verweile,
hab ich dich, schon ist es fort,
welche wonnevolle Eile,
wie erregt mich dieses Wort!
Hinter ihm mit einem Satze,
dichter schon auf seiner Spur —
welcher liederlichen Fratze
form’ ich feurig die Figur!
Eros
Du erkennst sie, die du immer
nah bei solchem Ding erkannt.
Himmlisch wird ein Frauenzimmer
erst durch solchen Höllenbrand!
Nimmer hältst du mich vom Leibe,
du, der mich so stolz bekriegt.
Hier ist keine Spur vom Weibe
und ich hab’ dich doch besiegt!
Dichter
An der andern Welt Gestade
staun’ ich, wie du’s mit mir meinst.
Ganz verwirrt von deiner Gnade,
fühl’ ich reicher sie als einst.
Werde jenen holdem Bildern,
welchen meine Lust entfernt,
dankbar doch in Worten schildern,
was ich ihnen abgelernt!