Reim
[A 91] Der Reim ist etwas, das mehr den nördlicheren Ländern eigen ist, so wie das Silben-Maß mehr in den südlicheren verehrt wurde, bei diesen ist alles Musik, da bei jenen nur zuweilen aber desto stärker die Kunst und Harmonie sichtbar wird; ich zweifle nicht, dass die Griechen und Römer nicht mannigmal auf Reime verfallen seien, es war aber dieses Künstliche in ihnen allzu fühlbar und ihnen daher verhaßt, so wie uns die Reime schmetterte und kletterte, dahingegen ihr zärteres Ohr schon eher Füße zählen konnte, als wie unseres, das sich daher ein fühlbares Silbenmaß, den Reim erfand. Daher haben die alten deutschen Verse oft nur Reime und fast gar kein metrum.