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Charles Lyell

Vergleichen wir aber einmal das, was der berühmte Lyell (Das Alter des Menschengeschlechts) über die Chronologie dieser Niederlassungen zu sagen weiß. Er spricht (S. 13) von Kjökkenmöddings, welche bis zu den ältesten Zeiten gewisser Torfablagerungen zurückreichen. Wie weit diese ganze Periode von der Gegenwart entfernt ist, deutet er gar nicht an; aber die Moore selbst müßten wenigstens viertausend Jahre, vielleicht aber auch viermal so viel, zu ihrer Bildung gebraucht haben. Es kommt diesem Forscher also bei Bestimmung einer Periode der Steinzeit auf zwölftausend Jahre mehr oder weniger nicht an. Dann spricht er (S. 23) von Ziegelsteinen, welche im Nilschlamm gefunden worden sind, und berechnet (nach der Tiefe des Fundes und nach der säkularen Schicht der Schlammablagerung) die Zeit auf zwölftausend bis dreißigtausend Jahre. Das Alter von Bildungen, welche den Menschen der Steinzeit gleichalterig waren, hat man am Mississippi auf fünfzigtausend, in Florida gar auf hundertfünfunddreißigtausend Jahre berechnet. Sind hier die Beziehungen zum Menschen unbestimmt, so hat man dafür in den Höhlen der Dordogne bekanntlich Kunstwerke gefunden, die Zeichnung eines Mammuts, ein schönes Werk, das mich persönlich gar erfreulich an die Erfindungen Adolf Oberländers erinnert, das aber wissenschaftlich beweisen soll, dass ein bis zur Blüte der Kunst fortgeschrittenes Volk bereits zur Zeit des längst ausgestorbenen Mammut dort gelebt habe. Lyell selbst, der als richtiger Engländer noch so naiv ist, einen Protest gegen die biblische Schöpfungsgeschichte für nötig zu halten, hat wohl die Neigung, größere Zeiträume anzunehmen als die paar Jahrtausende der Bibel; vor ganz großen Ziffern jedoch schreckt er wieder zurück. Bei den Ablagerungen des Sommetals in Frankreich zaudert er, die Jahrtausende zu beziffern, und spricht auch sonst unbestimmt von "ungeheuren Zeiträumen". Aber wo er auf die Eiszeit zu reden kommt, da wird die Sache mathematisch. Es fällt mir nicht ein, Lyells Berechnungen auch nur für annähernd richtig zu halten. Er nimmt an, dass zur Eiszeit die Küste von Wales sich gesenkt und wieder emporgehoben habe, er nimmt den Maßstab für diese Senkung und Hebung nach ähnlichen Erscheinungen in der Gegenwart (2½ Fuß im Jahrhundert) und kommt so dazu, für dieses Ereignis eine Dauer von einer Viertelmillion von Jahren festzustellen. Wollte ich mich auf den gefährlichen Boden begeben, solche Rechnungen verbessern zu wollen, so würde ich einerseits nach Kjerulf die Höhe der Senkung und Hebung für überschätzt halten, anderseits jedoch behaupten, dass Lyell vielleicht den allergrößten Zeitraum gar nicht in Betracht gezogen hat. Er selbst deutet darauf hin, dass vielleicht zwischen "Senkung und Hebung" eine Pause stattgefunden habe. Fach unseren Vorstellungen von solchen Naturereignissen (die durch Adhemars Meeresrevolutionen begreiflicher würden) ist aber viel eher zu glauben, dass die Senkung sich unendlich verlangsamte, bevor sie ganz aufhörte, dass ebenso die Hebung unendlich langsam begann, dass also eine Art Pause mindestens so lange gedauert haben konnte wie die Zeit der Senkung und Hebung zusammen. Man käme so auf eine halbe Million Jahre und könnte ohne Schwierigkeit auch eine ganze Million Jahre herausrechnen. Ich will aber gestehen, dass solche Rechenübungen gar keinen Wert haben als eben den, einen großen Wert, uns einen Begriff von den Zeiten zu geben, die bei der Entwicklung der menschlichen Kultur in Betracht kommen. Lyell nimmt die Existenz des Steinzeit-Menschen erst für die letzte Periode dieser Viertelmillion Jahre an, er ist schüchtern.