a) Stimmübungen
Zu den einseitigen Bewegungen gehören die sogenannten Stimmübungen, das Sprechen mit seinen Modifikationen, Rezitieren, Deklamieren, Predigen, Vorträge halten, lautes Lesen, Schreien, das Singen, und endlich das Blasen von Blasinstrumenten u. s. w. — Bei allen diesen Übungen sind besonders die Organe der Stimme und des Atemholens in Tätigkeit; daher werden die Lungen dabei ausgedehnt, und das Blut dringt stärker zur Brust und zum Kopf. Deshalb werden Personen, die an kurzem Atem leiden, Hektische, Schwindsüchtige u. s. w. Personen, bei denen es an Kaum fehlt in der Brusthöhle, zu dieser größeren Ausdehnung der Lungen, wie Verkrümmte u. s. w.; solche, deren Brustorgane an sich schon der Sitz einer gesteigerten Lebenstätigkeit sind, wie bei Fieberkranken, Brustentzündung im Pubertätsalter u. s. w., und endlich solche, die bereits an Kongestionen nach dem Kopf leiden, und bei denen eine Vermehrung derselben nachteilig sein würde, wie kleine Kinder, Schwangere, Wöchnerinnen, Nervenfieberkranke u. s.w. dergleichen Übungen entweder völlig unterlassen müssen, wie z. B. solche, die an heftiger Brustentzündung, an Blutspeien leiden, Wöchnerinnen u. s. w., oder dieselben nur im gelindesten Grade treiben dürfen, und dergestalt, dass man systematisch von den schwächsten zu den stärksten übergeht.
Besonders machen wir Eltern und Erzieher aufmerksam auf den Unfug, der häufig getrieben wird bei dem Unterricht junger Leute, deren Brustorgan in der Ausbildung begriffen, und ohnehin schon der Sitz eines vermehrten Blutandrangs ist, — im Gesang und Blasenlernen der Blasinstrumente. Wie häufig wird damit der Grund gelegt zur später ausbrechenden Lungenschwindsucht, Bleichsucht! Ja, wie häufig sieht man, dass sich sogar junge Leute, die bereits Kandidaten der Schwindsucht sind, auf ungeschickte Weise abmühen müssen in vergeblicher Anstrengung zur Erlernung dieser Künste. (Kitschener.)
Anderseits können aber diese Übungen, wenn sie gehörig nach den oben angegebenen allgemeinen Vorschriften geregelt werden, unendlich viel beitragen zur vollständigen Ausbildung der Brustorgane u. s. w., besonders sind sie — weil sekundär durch die Anstrengungen bei den Redeübungen die Eingeweide des Unterleibes zu größerer Tätigkeit angeregt werden — Unterleibskranken höchst zweckdienlich, wie z. B. das laute Lesen, Deklamieren den Hypochonder u. s. w. Von den Alten aber werden die Übungen der Stimme besonders denen empfohlen, welche an Schwäche, besonders der Füße, leiden, und nicht im Stande sind, sich andere Bewegung zu machen. Es ist merkwürdig — meint Plutarch — was die Redeübungen nicht bloß der Gesundheit nützen, sondern wie viel sie selbst zur Erhaltung der Kraft beitragen; zwar nicht jener, mit welcher der Kämpfer in öffentlichen Spielen siegt, aber der Kraft und eigentlichen Stärke der vornehmsten Eingeweide des Körpers, von welcher die Wiederherstellung der Gesundheit abhängt. — Ja, man hat sogar eine besondere „Schreikur“ aufgestellt. (Hofmann.)