Entelechie
Entelechie (gr. entelecheia v. entelês= vollkommen und echein = haben) bedeutet bei Aristoteles die Form (eidos), welche sich im Stoffe betätigt und im Einzelwesen darstellt. Als Energie (s. d.) wird sie aufgefaßt, weil sie zugleich die wirkende Ursache (hothen hê kinêsis) in sich schließt, als Entelechie aber, insofern das Ziel (telos) des Wirkens in ihr enthalten ist. Entelechie bedeutet also den Vollendungszustand, die Zweckrealisierung, wodurch ein abgeschlossenes Ganzes, ein vollendetes Einzelding zustande kommt. Daher heißt der lebendige Organismus und die denselben bildende Seele Entelechie (entelecheia), vgl. Metaphys. IX, 8. 3. Phys. III, 1. VIII, 1. De anima II, 1. Abstrakt gedacht und entsinnlicht, ohne hylê, als reine Form des denkenden Geistes nennt Aristoteles die Form auch beharrliches wesentliches Sein (to ti ên einai), Metaph. VII, 4-6. VII, 7, womit gesagt wird, daß dieser gedachte Begriff im Einzeldinge war, dessen Wesen konstituierend. Vgl. Alb. Schwegler, die Metaphysik des Aristoteles. Tüb. 1847. IV. Demgemäß bezeichnet Aristoteles die Seele als „erste Verwirklichung eines physischen Leibes, welcher der Möglichkeit nach Leben hat“. De an II, 1. Sie ist Energie, sofern sie für ihre organische Verwirklichung tätig ist, Entelechie, sofern diese Verwirklichung im beseelten, organischen Leibe erreicht ist. Vgl. Frohschammer, die Prinzipien der aristotel. Philosophie. München 1881. Ähnliches lehrt Leibniz (Nouveaux Essais II, 21), vgl. F. Kirchner, Leibniz’ Psychol. Köthen 1875. Vgl. auch Energie, Endelechie.