Ich melde hiemit
meinen Beitritt als ordentliches Mitglied der Urania an. Sie hat mich gewonnen. Die Berichte über die Vorlesung des taufrischen Ganghofer, die bereits stattgefunden hat, haben mich überzeugt, dass das Streben, dem Volk Bildung zuzuführen, auch die Unterstützung jener verdient, die bisher nichts dazu beigetragen haben. Ganghofer, einer unserer beliebtesten Optimisten, hat uns in charakteristischen Stücken seine Welt- und Lebensanschauung entwickelt, angefangen von der bekannten Episode, wie er als blutjunger Mensch mit einer Empfehlung zur Gallmeyer kam, wie sie ihm ihr Alter klagte und ihm in seinen Lockenkopf fuhr, dem lieben Schneck, bis zu dem bekannten Hinauswurf durch Laube und Anzengruber. Ganghofer ist Optimist. Was man aber noch nicht gekannt hatte, war die Geschichte vom Ringtheaterbrand, durch den eine vorübergehende Trübung seines bekannten Optimismus herbeigeführt wurde. Es war, wie die Berichte sagen, eine böse Zeit für Ganghofer. Er glaubte, seine Braut sei drin, sie war aber zuhause. »Die schreckliche Feuersbrunst schilderte er mit bewegter Stimme«:
... Wie er zu dem brennenden Theater kam, durch das Gewühl der Menschen bis an den Künstlereingang vordrang, wie er, schon im zweiten Stock von Flammen und Rauch zurückgedrängt, eine vor Schreck gelähmte Schauspielerin mit sich ziehend, von sechs bis sieben Menschen umklammert, wieder hinabeilte, in einen verschlossenen kleinen Hof kam, dessen Tor einstieß und so mit den gleich ihm Geretteten die Straße fand. Er berichtete, wie er dann zur Wohnung der Geliebten raste, sie heil unter den Ihrigen traf, und wie nun im Schreck und Glück dieser Nacht die erste Erklärung der Liebenden stattfand. Ganghofer erzählte, dass er dann nochmals zum Ringtheater eilte. Hier, von der Gewalt der Erinnerungen übermannt und mit Tränen kämpfend, bekannte er sich unvermögend, das Furchtbare, das er gesehen und niederzuschreiben vermochte, nun auch dem Publikum zu erzählen. Er brach daher diese Schilderung ab und erzählte von seiner glücklichen Brautzeit, schilderte die Hochzeit mit Kathinka Engel. Nach diesen Erlebnissen seines Herzens schilderte er seine literarischen Kämpfe ... Einige gemütvolle Worte über die Philosophie der Freude bildeten den Abschluß des überaus fesselnden Vortrages, der durch liebenswürdigen Humor gewürzt war und sich bei der Schilderung des Brandes zu dramatischer Höhe steigerte.
Das Wiener Publikum, unter dem sich noch viele erinnern, wie sie damals nicht dabei waren und gerettet wurden, hoch erfreut, Herrn Ganghofer, der nur durch einen Zufall einer Freikarte entgangen war, noch heute unter den Überlebenden des Ringtheaterbrandes zu wissen, bewunderte die Ausdauer, mit der er ohne Rücksicht auf das Liebesglück immer wieder zur Brandstätte eilte. Es horchte gespannt, als er, ohne sich unvermögend zu bekennen, von seinem Glück in der Literatur sprach, und es war geradezu entzückt, als er auf seine Hochzeit zu sprechen kam und das offene Bekenntnis ablegte, dass er »es nie bereut habe«. Im Gegenteil, rief er mit dem ihm eigenen herzhaften Optimismus, »wenn es für seinen Sohn einmal so weit sein werde«, so werde er ihm sagen: »Schau' dich um eine Wienerin um!« ... Ich bitte mich hinauszulassen. Ich will aus der Urania austreten.
Oktober, 1911.