III.2. Vergleichung der mancherlei organischen Kräfte, die im Tier wirken
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Dürfen wir aus diesen Induktionen, die noch viel mehr ins einzelne geleitet werden könnten, einige Resultate sammlen, so wären es folgende:
1. Bei jedem lebendigen Geschöpf scheint der Zirkel organischer Kräfte ganz und vollkommen; nur, er ist bei jedem anders modifiziert und verteilt. Bei diesem liegt er noch der Vegetation nahe und ist daher für die Fortpflanzung und Wiedererstattung seiner selbst so mächtig; bei andern nehmen diese Kräfte ab, je mehr sie in künstlichere Glieder, feinere Werkzeuge und Sinnen verteilt werden.
2. Über den mächtigen Kräften der Vegetation fangen die lebendigen Muskelreize zu wirken an. Sie sind mit jenen Kräften des wachsenden, sprossenden, sich wiederherstellenden animalischen Fiberngebäudes nahe verwandt; nur, sie erscheinen in einer künstlich verschlungenen Form, zu einem eingeschränkteren, bestimmteren Zweck der Lebenswirkung. Jeder Muskel steht schon mit vielen andern im wechselseitigen Spiel; er wird also auch nicht die Kräfte der Fiber allein, sondern die seinigen erweisen, lebendigen Reiz in wirkender Bewegung. Der Krampffisch erstattet nicht, wie die Eidechse, der Frosch, der Polyp, seine Glieder; auch bei denen sich reproduzierenden Tieren erstatten sich die Teile, in denen Muskelkräfte zusammengedrungen sind, nicht so wie die gleichsam absprossenden Glieder; der Krebs kann seine Füße, aber nicht seinen Schwanz neu treiben. In künstlich verschlungenen Bewegungskräften hört also allmählich das Gebiet des vegetierenden Organismus auf, oder vielmehr, es wird in einer künstlichern Form festgehalten und auf die Zwecke der zusammengesetzteren Organisation im ganzen verwendet.
3. Je mehr die Muskelkräfte in das Gebiet der Nerven treten, desto mehr werden auch sie in dieser Organisation gefangen und zu Zwecken der Empfindung überwältigt. Je mehr und feinere Nerven ein Tier hat, je mehr diese einander vielfach begegnen, künstlich verstärken und zu edlen Teilen und Sinnen verwandt werden, je größer und feiner endlich der Sammelplatz aller Empfindungen, das Gehirn, ist, desto verständiger und feiner wird die Gattung dieser Organisationen. Wo gegenteils bei Tieren der Reiz die Empfindung, die Muskelkräfte das Nervengebäude überwinden, wo dies auf niedrige Verrichtungen und Triebe verbraucht wird und insonderheit der erste und beschwerlichste aller Triebe, der Hunger, noch der herrschendste sein mußte, da wird, nach unserm Maßstabe, die Gattung teils unförmlicher im Bau, teils in ihrer Lebensweise gröber. -
Wer würde sich nicht freuen, wenn ein philosophischer Zergliederer16) es übernähme, eine vergleichende Physiologie mehrerer, insonderheit dem Menschen naher Tiere nach diesen durch Erfahrungen unterschiednen und festgestellten Kräften im Verhältnis der ganzen Organisation des Geschöpfs zu geben? Die Natur stellt uns ihr Werk hin, von außen eine verhüllte Gestalt, ein überdecktes Behältnis innerer Kräfte. Wir sehen seine Lebensweise; wir erraten aus der Physiognomie seines Angesichts und aus dem Verhältnis seiner Teile vielleicht etwas von dem, was im Innern vorgeht; hier aber, im Innern, sind uns die Werkzeuge und Massen organischer Kräfte selbst vorgelegt, und je näher am Menschen, desto mehr haben wir ein Mittel der Vergleichung. Ich wage es, da ich kein Zergliederer bin, den Wahrnehmungen großer Zergliederer in ein paar Beispielen zu folgen; sie bereiten uns zum Bau und zur physiologischen Natur des Menschen vor.
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