Vom Metallgeld.


Alles Metall hat durch seine Dauerhaftigkeit und Bearbeitbarkeit einen großen innern Wert, als Ware; dieses Alles im höchsten Grade die edlen Metalle, Gold und Silber. Fast unzerstörbar, indem sie nicht angegriffen werden durch die Luft, und mit ihr einen chemischen Prozess eingehen; daher die Reinlichkeit, und endlich die Teilbarkeit und Biegsamkeit.

Dazu kostet ihre Gewinnung viel Zeit und Kraft: jedoch muss dieselbe bis jetzt sich belohnt haben, indem außerdem kein Staat weiter den Bergbau treiben würde, sondern vielmehr das ihm notwendige Gold und Silber durch den Handel mit den Arbeitsprodukten, die er mit derselben Zeit und Kraft erzeugen könnte, gewinnen würde, wenn ihm dieses vorteilhafter wäre. Der äußere Wert dieser Metalle ist darum wenigstens der Unterhalt für den Gewinner des Metalls, wie dies sich verhält mit aller andern Arbeit. Nur ist dabei der sehr große und bedeutende Unterschied, dass jede andre Anforderung aus Arbeit an das Menschengeschlecht ablösbar ist in der Zeit, indem das Produkt verschwindet; das Lebensmittel verzehrt, das Fabrikat verbraucht wird: die Anforderung aus Gewinnung der Metalle aber fest und unauflösbar ist, weil das Metall bleibt; wenn es ruhig bleibt, nimmer, wenn es umläuft, oder in verschiedenen Gestalten verarbeitet wird, denn doch nicht sehr merklich vergeht. Der Besitz edlen Metalls hat sonach eine fast unauflösbare Schuldanforderung an das Menschengeschlecht, und übergibt Jedem, dem er dasselbe übergibt, eine solche. Wie auch der Besitzer sich wandelt, die Schuldforderung bleibt.

Diese Dauer und die Teilbarkeit in beliebige Teile ohne Verlust machten die edlen Metalle, ohne Zutun eines Staates, durch eine natürlich sich ergebende Übereinkunft zum Weltgelde . Es hat zugleich, gegen unsre erste, dem Gelde angemutete Eigenschaft, einen innern Wert; es ist Ware, und eine sehr köstliche Ware. Es würde sich darum, wenn auch nicht zum Gelde, doch sehr gut zu einem Grundmaßstabe des Wertes aller Dinge schicken, wie wir dazu gemacht haben das Korn. (Dies ist auch in der Tat die treffliche Praxis des Handels im Großen. Abschreiben und zuschreiben in ihren Büchern; der Buchstabe, dies ist ihr Tauschmittel. Das Metall ist in demselben repräsentiert. Dies ist auch die herrschende Meinung der Staatsmänner über das Papiergeld. Es müsse Realisationskomptoirs geben, wo man dasselbe in jedem Augenblicke gegen Metallgeld umtauschen könne; grade wie in meiner obigen Theorie die Getreidemagazine und Warenlager des Staats die fortdauernden, in jedem Augenblicke angewandten Realisationskomptoirs sind).

Was geht denn nun den edlen Metallen ab, um ein schickliches Grundmaß des Wertes zu sein? Dasselbe, was es wieder zu einem möglichen Gelde macht; das allgemeine Bedürfnis desselben als Ware . Brod muss Jeder haben: aber goldene und silberne Geschirre können wir alle die Zeit unsres Lebens entbehren, und die Allerwenigsten kommen dazu, sie besitzen zu können. Unmittelbar als Ware wird es fast niemals gesucht; und sein Gebrauch, als solche, steht in dem allerfernsten Hintergrunde; als Geld, als Eintauschungsmittel aller beliebigen Bedürfnisse wird es gesucht: ungeachtet es seine Gültigkeit als Geld freilich nur durch den im Hintergrunde liegenden Wert als Ware behält und behauptet. Es ist aber eben deshalb kein schicklicher Maßstab, weil sein Wert als Ware sich nicht aufdringt; darum kann es Zeichen sein. Aber man vermisst nicht den Mangel des Materials; darum ist es kein schickliches Zeichen, weil es wiederum seine Gültigkeit als Zeichen vom inneren Werte erhält. Es ist eine Halbheit, die immerfort zwischen seiner Bedeutung als Zeichen und zwischen seinem innern Werte schwankt.

Das zeigt der Erfolg. 1) Sein wahrer Wert ist durchaus unbestimmt und unbekannt. Der eigentliche Wert und Preis des Lebens ist die Muße. (Darum lag mir Alles daran, einen solchen absoluten Wert zu finden, woran es in diesen Untersuchungen fehlt.) Wie viel Muße aber, d.i. welchen Zeitraum Unterhalt ich für eine Unze Gold oder Silber haben werde, weiß ich nie; und kein Staat kann mir darüber je etwas Festes verbürgen, weil jeder über diesen Punkt, wie sich sogleich zeigen wird, eben so abhängig ist, wie der gemeinste seiner Bürger. Eigentlich ist nach diesen Systemen Alles in der Welt vorhandene Gold und Silber wert alle in derselben vorhandene Ware, und demnach ein aliquoter Teil des ersteren einen aliquoten Teil des zweiten. Aber es gibt kein menschliches Wissen, welches die beiden Faktoren übersähe, und so das Fazit ziehen könnte, (wie der vorausgesetzte Staat seine beiden Faktoren immerfort übersieht). In dieser Ungewissheit fürchten nun Beide, der Geld- und der Warenhaber, zu kurz zu kommen: Jeder hofft einen günstigen Preis für sich: und so wird es niemals zu einem Abschlusse des Handels kommen, außer durch die Not eines von Beiden: der Geldhaber muss die Waren, der Warenhaber das Geld haben. (Daher das Mäklen; dies ist ein höfliches Ausforschen der Not des Andern). Also die Not macht den Kauf, und so den Preis. Nun ist diese sehr wandelbar, darum sind die Preise wandelbar. Hier ist Gewalt, durchaus nicht Recht. Jeder sucht so teuer als möglich das Seinige anzubringen, und so wohlfeil als möglich das des Andern einzukaufen. Gelingt’s, so gelingt’s. Auch ist es gar Keinem zu verdenken; denn Keiner weiß, ob er Unrecht tut, da noch ein durchaus Unbekanntes, das Geld, mit in den Tausch eintritt. Jeder muss bei der redlichsten Gesinnung dies tun, denn wenn der Andre es nicht geben könnte, so würde er es nicht geben.

Die Not wendet sich, d.h. steigt der Wert des Geldes, so kommt mehr auf den Markt; nun fällt er: steigt der Wert der Ware, so versteckt Jeder sein Geld (außer gegen Lebensmittel, diese haben das Zwangsrecht; wird aber der Transport gewonnen, so entsteht, bei Freiheit des Handels, Zufuhr). Nun kommt der Warenbesitzer in Not, und die Sache ändert sich abermals. -

Was ist demnach ein Groschen wert? Die Not des Warenhabers zu der Zeit, da ich ihn ausgeben werde. Wer gewinnt dabei, und zwingt die Preise, macht sie? Wer die Not Andrer wohl zu berechnen versteht. Alle kaufmännischen Spekulationen, was sind sie anders, als Voraussetzungen solcher Not, auch wohl durch Aufkauf künstliche Hervorbringung der Not.

So unbestimmt nun der Wert alles Geldes ist, so unbestimmt ist auch der Wert des Geldes des Staats. Wie in eines Jeden Kasse er ärmer oder reicher wird, so wird er es auch in der des Staates. Darum

1) Er muss zuerst das Metallgeld suchen, wo er es findet.

2) Er muss darum davon nehmen, so viel als er kann, weil er dennoch nie eigentlich weiß, was er einnimmt, und nun hat.

3) Er muss darum ein ganz umgekehrtes Finanzprinzip haben, als das, was wir aufgestellt haben. Bei mir soll er einnehmen, so viel als er braucht; aber er darf niemals die Subsistenz und alle Muße seiner Bürger brauchen, außerdem wäre er gar kein Staat, und es wäre bei dieser Lage der Menschheit nicht bis zum Staate gekommen. Hier aber ist sein Prinzip, dass er nimmt, was er kriegen kann; denn er weiß nie, was er hat, darum auch nicht, was er braucht, und er muss sich sicherstellen.

- Noch einen Umstand im Vorbeigehen. Man spricht in neueren Zeiten so viel von Freiheit des Handels und der Gewerbe. Was würde doch das Resultat davon sein? Der Markt würde überfahren werden, indem sich Alle auf den Handel legten, und das Geld würde darum teurer werden. Dies ist Vorteil für den Geldhaber. Fast alle Vorschläge gehen darauf hinaus, das Geld recht teuer zu machen. Ist es auch der Vorteil des Käufers? Soll man dies sagen, weil dieselben von Geldhabern, Besoldeten u. dergl. herkommen? Doch ist diese nur auf eine Zeit. Eine Generation etwa wird aufgeopfert; dann kommt die Vergeltung. Nun, dann leben wir nicht mehr!

Man wolle dem Publikum Ersparnis verschaffen durch Freiheit des Handels. Wer ist dieses Publikum? Die Fabrikanten sind doch gewiss vergessen, denn die gehen zu Grunde. Und wie steht es denn mit dem Gewinne der Übrigen? Der Bäcker des Ortes, der Brauer, der Fleischhändler werden ihr Tuch im Verhältnis zu den andern Preisen nicht wohlfeiler bezahlen. Ich sehe also nicht, dass Jemand dabei gewinnen werde, als etwa der Herr Amtmann, der Nichts zu verkaufen hat. Dieser nutzt seine Besoldung höher, dieser, überhaupt die Besoldeten und Kapitalisten wären wohl zuletzt das Publikum.

Freilich kann ein Staat in der Lage sein, solche Gesetze geben zu müssen. Geldwert zieht die auswärtigen Geldbesitzer an; wo die Waren wohlfeil sind, da gehen sie hin; da können sie ihr Geld recht nutzen, das Geld ist dort teuer. Aber der Staat will Geld haben, weil er nur dadurch seinen Wert und seine Macht in der Reihe andrer Staaten behaupten kann. Also, es ist Not, warum er diese Gesetze gibt, bei vielleicht besserer Einsicht. So entsteht alle Not aus der einen Quelle, dem Metallgelde.

In Summa: in jedem Staate, in welchem (in seinen Verhältnissen nach Außen enthalten wir uns hier noch des Absprechens) das Weltgeld, die edlen Metalle, Geld sind, ist das Eigentum der Bürger nur in dem allergröbsten Sinne, dass ihm die körperlichen Objekte nicht mit Gewalt weggenommen werden können, gesichert: ihr eigentliches Eigentum aber, der Wert ihrer Arbeit, hängt ab von einem blinden Ungefähr, einer unbegreiflichen Naturgewalt; und sie sind darüber im Naturzustande geblieben. Aber dazu hat der Mensch eben Vernunft, um die blinde Naturgewalt zu vertilgen, und alle seine Verhältnisse unter einen klaren Begriff zu bringen, und mit besonnener Kunst nach demselben zu ordnen. Dieser klare Begriff, und diese besonnene Kunst in Beziehung auf die Sicherung des Eigentums ist nun oben beschrieben, und sie ist die Aufgabe des Staates. Dies ist unsere Meinung; und hierbei geht es denn sehr wohl an, zu sagen: diese Aufgabe hat bisher nicht gelöst werden können, und sie kann es auch bis jetzt noch nicht, und dabei sind die wirklich bestehenden Staaten außer aller Schuld. - Wir sind selbst dieser Meinung - aber es geht nicht, zu sagen: weil das blinde Ungefähr bisher geherrscht hat, so soll es zu ewigen Zeiten herrschen, niemals aber die Vernunft; und die letztere soll auch nicht reden, und den klaren Begriff verbreiten, ohne welchen es nie zur besonnenen Kunst kommen kann.

Mit Allem, was die Staatswirtschaft innerhalb eines Staates, der Metallgeld führt, tun kann, hat eine reine Rechtslehre, die das ewige Recht bestimmt, und von der wir allein hier reden, Nichts zu schaffen; denn ein solcher Staat ist kein ausgebildeter Staat, sondern er lässt vermittelst des Weltgeldes den alten Naturzustand, aus dem alle Versuche der Staaten ausgegangen sind, als ein Ingredienz noch in sich übrig, obwohl auch eine solche Staatswirtschaft das wahre Mittel sein dürfte, um es zum wahren Staate zu bringen, und so, auch nach der Lehre des ewigen Rechts, an ihrer Stelle, ihr großes Verdienst hat.


 © textlog.de 2004 • 02.11.2024 22:32:24 •
Seite zuletzt aktualisiert: 22.07.2005 
bibliothek
text
  Home  Impressum  Copyright