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Apperzeption

Apperzeption (nlat. u. franz. von ad und perceptio = das Innewerden) heißt im allgemeinen das aktive Denken im Gegensatz zu der passiven Perzeption (s. d.), die spontane und bewußte Denktätigkeit im Gegensatz zu der rezeptiven sinnlichen Wahrnehmung. Im speziellen hat der Begriff der Apperzeption vielfach geschwankt. Leibniz (1646-1716) verstand unter Apperzeption die Aufnahme einer Vorstellung in das Selbstbewußtsein, das über einen Zustand der Seele nachdenkende Bewußtsein. Kant (1724-1804) faßt die Apperzeption schlechthin als das Bewußtsein und schied die reine transzendentale oder ursprüngliche Apperzeption, das Selbstbewußtsein, das: „Ich denke“, das alle Vorstellungen des einzelnen begleitet und in allem Wechsel des Bewußtseins ein und dasselbe ist, von der empirischen Apperzeption, dem Bewußtsein des Menschen von seinem jedesmaligen Zustande. (Kr. d. r. V., II. Aufl., S. 132, § 16.) Herbart (1776-1841) faßte die Apperzeption als die Aneignung und Verarbeitung neu aufzunehmender Vorstellungen durch ältere verbundene und ausgeglichene Vorstellungsmassen. Steinthal (1823-1899) und Lazarus (1824-1903) bildeten den Herbartschen Begriff weiter aus. Steinthal z. B. unterschied die identifizierende, subsumierende, harmonisierende und disharmonisierende Apperzeption. Wundt (geb. 1832) versteht unter Apperzeption den Einzelvorgang, durch den ein psychischer Inhalt zu klarer Auffassung kommt, die Erfassung einer Vorstellung durch die Aufmerksamkeit (s. d.). Er unterscheidet, bei Vergleichung des Bewußtseinsaktes mit einem inneren Sehen, Blickfeld und Blickpunkt des Bewußtseins. Die Apperzeption ist nach diesem Bilde der Eintritt einer Vorstellung in den Blickpunkt des Bewußtseins (Wundt, Grundz. d. phys. Psych. II, S. 235). Am verbreitetsten dürfte gegenwärtig noch immer der Begriff der Apperzeption sein, wie ihn Herbart, Steinthal und Lazarus bestimmt haben. (Vgl. Otto Staude, Phil. Stud. I, S. 149 ff.)