Weltuntergang


Übrigens will ich nicht länger bei bloßen Versprechungen weilen.

Lenke zuerst nur den Blick auf das Meer, auf Himmel und Erde.

Dreifach erscheint ihr Wesen, o Memmius, dreifach ihr Urstoff,

Dreifach verschieden die Form und dreifach ihr inneres Wesen,

Und doch schlägt ein einziger Tag dies alles in Trümmer:

Hinstürzt, was Jahrtausende hielt, die Masse des Weltbaus.

     Zwar ich verhehle mir nicht, wie neu, wie wundersam vorkommt

Unserm Verstand die Vernichtung, die Himmel und Erde bedrohe,

Und wie schwer es mir wird, den Beweis durch Worte zu führen:

Wie dies stets ja so ist, wenn nimmer Erhörtes man vorbringt,

Ohne dem Blicke des Auges zur Prüfung es geben zu können

Oder dem Drucke der Hand; denn das ist der nächste gebahnte

Weg, der zum menschlichen Herzen und Tempel des Geistes hineinführt,

Trotzdem sprech' ich es aus. Vielleicht wird bald das Erlebnis

Selbst mein Wort noch bewähren, vielleicht wirst selbst du noch sehen,

Wie durch ein Beben der Erde im Augenblick alles in Staub stürzt.

Möge jedoch Fortuna, die Lenkerin, uns es ersparen,

Möge uns mehr die Vernunft als das eigne Erlebnis belehren,

Daß auch die Welt zugrunde kann gehn in klirrendem Einsturz.


 © textlog.de 2004 • 19.11.2024 03:29:53 •
Seite zuletzt aktualisiert: 14.09.2005 
bibliothek
text
  Home  Impressum  Copyright