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Ideen, Idee des Guten


Das wahrhaft Seiende, im Unterschiede vom vergänglichen Sinnending, nennt nun Platon Idee (idea, eidos). Sie ist der als seiend gesetzte Gegenstand des reinen Gattungsbegriffs; denn dass der Begriff ein Korrelat in der Wirklichkeit hat, dass es von einem Nicht-Seienden keinen Begriff geben kann, davon ist Platon überzeugt (Begriffsrealismus). Rein logisch genommen, ist die Idee der gedanklich (und in geistiger Anschauung) festgehaltene Typus, als dessen Modifikationen und Einzelfälle die unter einen Begriff fallenden, einen gemeinsamen Namen besitzenden Dinge oder Eigenschaften erscheinen, das rein begriffliche Wesen je einer Klasse von Gegenständen, an welchem sie alle teilhaben (z.B. die Löwenheit, die Menschheit, der Mensch an sich). Diese begriffliche Wesenheit wird für Platon zur Norm, an welcher er die Einzeldinge mißt, zum Urbild einer Klasse von solchen, zu einem unabhängig vom Erkennen, an und für sich bestehenden Seienden, später sogar zu einem lebendigen, beseelten Wesen, so dass der Fortgang von einer logischen zu einer metaphysischen und schließlich mystisch-mythischen Auffassung der Ideen seitens Platons klar ist. Die Ideen sind reine Denkobjekte, »Noumena« (nooumena), feste, stets mit sich identische Typen, sinnlich nicht erfaßbar (tas d' au ideas noeisthai men, horasthai d' ou, Rep. VI, 507 B: nooumena monon, Tim. 51 D), ungeworden und unvergänglich (agennêton kai anôlethron, Tim. 52 A), ewig, raum- und zeitlos, allem Werden entzogen. Sie sind in einem »überhimmlischen« Orte (hyperouraniô topô); getrennt (chôris) von den Dingen bestehen sie an und für sich (auto kath' hauto meth' hautou, Sympos. 211 B). Sie sind die Ur- und Musterbilder der Dinge, die Vollkommenheitstypen derselben (paradeigmata); die Einzeldinge selbst sind schattenhafte Nachahmungen (mimêmata), Abbilder (eidôla), Gleichnisse, Erscheinungen der Ideen (ta men eidê tauta hôsper paradeigmata hestanai en tê physei, ta de alla toutois eoikenai kai einai homoiômata). Die Einzeldinge haben an den Ideen Teil (metechousin; Methexis, methexis, Parmen. 132 D), diese haben Gemeinschaft (koinônia) mit ihnen, sind in ihnen gegenwärtig (parousia, Parousie, Phaed. 100 D). Ideen gibt es von allem, was unter einen Gattungsbegriff fällt und einen gemeinsamen Namen hat, von Natur- und Kunstobjekten, von guten und schlechten, schönen und häßlichen Dingen, auch von Eigenschaften (eidos gar pou ti hen hekaston eiôthamen tithesthai peri hekasta ta polla, hois tauton onoma epipheromen, Rep. 569 A; Theaet. 186 A; vgl. aber Aristoteles, Met. XI, 3, wonach Platon später nur Ideen von Naturobjekten angenommen hat). Das Verhältnis der Ideen zueinander (Über- und Unterordnung) entspricht dem logischen Verhältnisse der Begriffe. Später schreibt Platon den Ideen Wirksamkeit, Leben, Beseeltheit, Vernunft zu, sie werden zu Ursachen, welche den Dingen ihr Wesen geben, ja sogar zu »Göttern« (Timaeus; vgl. Theaet., Phaed., Phileb., Sophist. 248). Schließlich hat Platon (pythagoreisierend) die Ideen als (ideale) Zahlen aufgefaßt, die aus dem Einen (hen) als der Grenze (peras) und dem Unbegrenzten (apeiron) entstanden sind (Aristoteles, Met. I, 6; XIV, 1). Auch bezeichnet Platon das apeiron als das Nichtseiende (mê on), das erst durch das peras Form, Bestimmtheit, Ordnung bekommt (zum peperasmenon, zur ousia wird, Phileb. 16 D, 24). Die Erkenntnis der Ideen schildert Platon auch als eine Auffahrt der Seele zu dem überhimmlischen Ort, dem Sitze der Ideen (Phaedr. 247 f.).

Die höchste Erkenntnis (megiston mathêma) ist die Erfassung der höchsten Idee, der Idee des Guten (Rep. 505 A ff.). Die Idee des Guten ist die oberste Norm des Wahren und des Schönen, der Grund der Wahrheit, des Erkennens und der Erkennbarkeit (touto toinyn to tên alêtheian parechon tois gignôskomenois kai tô gignôskonti tên dynamin apodidon tên agathou idean phathi einai, aitian epistêmês ousan kai alêtheias, Rep. 508 E). Das Gute steht höher (epekeina) als das Sein; indem dieses besser ist als das Nichts, hat es am Guten seinen Grund (Phaed. 97 C; Ethischer Idealismus). Das Gute setzt das Sein, ist die Bedingung und Ursache der Existenz (kai tois gignôskomenois toinyn mê monon to gignôskesthai phanai hypo tou agathou pareinai, alla kai to einai te kai tên ousian hyp' ekeinou autois proseinai, ouk ousias ontos tou agathou, all' eti epekeina tês ousias presbeia kai dynamei hyperechontos, Rep. 509 B). Die Idee des Guten (das Gute an sich) ist eins mit der göttlichen Vernunft (Phileb. 22), mit dem Demiurgen, welcher gemäß den Ideen alles aufs beste. gestaltet hat (diakosmôn panta kai epimeloumenos, Phaedr. 246 E; Tim. 28 ff.). Gott kann nicht die Ursache des Bösen sein (Rep. 379 C); dieses hat seinen Grund im Widerstande der Materie, des Formlosen, Unbestimmten, Ungeordneten (Theaet. 776 A, Polit. 269 D, Tim. 47 E, 68 E) oder, wie Platon später erklärt, in der »bösen Weltseele«, die er der guten gegenüberstellt (Leges 896 E).


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Seite zuletzt aktualisiert: 28.11.2006