Psychologie
Als Psycholog ist Platon Dualist, indem nach ihm der Mensch aus einem materiellen Leibe und einer immateriellen Seele besteht, welche zugleich (schon in den Pflanzen und Tieren) das Lebensprinzip ist (aition esti tou zên, autô, tên tou anapnein dynamin parechon kai anapsychon, Cratyl. 399 D). Wie die Weltseele enthält auch die menschliche Seele ein Unteilbares und ein Teilbares. Sie ist unbewegt, bewegt aber sich selbst (autokinêton) und ihren Leib (Theaet. 35 A; Phaed. 245). Der Leib ist der Kerker der Seele (Cratyl. 400; Phaedr. 247 C, 250), das Zeichen derselben (sêma psychês), ihr Fahrzeug (ochêma), das sie wie ein Steuermann lenkt (Tim. 41 E). Im Menschen gibt es drei Arten (eidê) oder Teile (merê) der Seele: im Haupte die göttliche Vernunftseele (logistikon, noêtikon), in der Brust das »Mutartige« (thymoeides, thymikon, der Affekt beherrschende, Triebe hemmende Wille), im Unterleibe das Begehrliche (epithymêtikon, Begierde, Trieb; Rep. 439 B, 441 E; Phaedr. 246; Tim. 69 E, 77 B). Die Vernunftseele hat gleichsam die beiden niederen Seelenkräfte zum Doppelgespann, welches sie leitet. Schon vor dem irdischen Leben hat die Seele existiert (Präexistenz), im Reiche der Ideen, an die sie sich jetzt erinnert (Phaed. 72 E; Phaedr. 247); auch gibt es wahrscheinlich eine Seelenwanderung (Tim. 49 E f., 92 B). Jedenfalls ist die Seele unsterblich, was Platon auf verschiedene Weise zu beweisen sucht (Der Seele als Prinzip des Lebens widerspricht das Nichtsein, ihre Verwandtschaft mit den ewigen Ideen, die Art des Erkennens u. a. zwingen zur Annahme der Unsterblichkeit; Phaedr. 245; Rep. 609; Phaed. 62 f.; Phaedr. 245 C f.; Mono 80 f.; Tim. 69). - Die Empfindung (Sinneswahrnehmung) entsteht nach Platon infolge einer Erschütterung (seismos) im Organismus (Phileb. 34). Das Denken ist eine selbständige Tätigkeit der Seele selbst (Theaet. 185 D). Das Gedächtnis (mnêmê) ist ein Aufbewahren der Wahrnehmung (sôtêria aisthêseôs, Phileb. 34 B); die Seele gleicht einer Wachstafel (kêrinon ekmageion), welche die Eindrücke behält (Theaet. 191 C). Die bewußte Erinnerung (anamnêsis) ist ein rein seelischer Prozeß. Das Gefühl der Lust beruht auf einer Förderung der Seele (to plêrousthai tôn physei prosêkontôn hêdy esti, Rep. 585 D).