4. Unterscheidung zweier Künste: der hervorbringenden und der erwerbenden


Fremder: Wohlan denn, laß uns so mit ihm beginnen: Sage mir, wollen wir ihn als einen Künstler setzen oder als einen Kunstlosen, dem aber irgend ein anderes Vermögen zukommt?

Theaitetos: Keineswegs doch als einen Kunstlosen.

Fremder: Für alle Künste aber gibt es doch zwei Begriffe.

Theaitetos: Wie das?

Fremder: Der Ackerbau nämlich und jegliche Bemühung um einen sterblichen Körper, und wiederum, was sich auf das Zusammengefügte und Gestaltete bezieht, was wir Gerätschaft nennen, dann die nachahmende Kunst, [219b] alles dieses kann mit Recht durch eine Benennung bezeichnet werden.

Theaitetos: Wie und durch welche?

Sokrates: Wo nur immer jemand, was zuvor nicht war, hernach zum Dasein bringt, sagt man, dass der Bringende es mache, das Gebrachte aber gemacht werde.

Theaitetos: Richtig.

Fremder: Was wir nun eben angeführt haben, hatte sämtlich hierin seine Kraft.

Theaitetos: Hierin allerdings.

Fremder: So könnte man demnach dies alles zusammenfassend die hervorbringende Kunst nennen.

Theaitetos: So sei es. [c]

Fremder: Alle Arten des Erlernens aber auf der andern Seite und der Erkenntnis, alles Geldverdienen ferner und Kämpfen und Jagen, da keine davon etwas verfertigt, sondern nur das bereits Vorhandene und Gewordene teils durch Worte und Taten in ihre Gewalt bringt, teils es denen, welche es in ihre Gewalt bringen, nicht vergönnt: so könnte deshalb am besten eine Kunst, welche man die erwerbende Kunst nennte, alle diese Abteilungen beschreiben.

Theaitetos: Ja, das ginge wohl.


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