14. Zwei Arten der Reinigung: die des Körpers und die der Seele


Fremder: Die vielen Arten der Reinigungen der Körper sollten wir unter einem Namen zusammenfassen.

Theaitetos: Was für welche und unter welchem Namen?

Fremder: Zuerst die der Lebendigen, wie sie innerlich von der Kunst der Leibesübungen und der Heilkunst durch richtige Aussonderung gereiniget werden, [227a] und dann auch von außen, was - geringfügig zu sagen - die Badekunst leistet. Dann auch die der unbelebten Körper, welchen die Walkerkunst und die gesamte Putz- und Glättkunst ihre kleinen Dienste leistet unter vielen lächerlichen Namen, wenn man sie alle nennen wollte.

Theaitetos: Gewiß nicht wenig.

Fremder: Freilich wohl, o Theaitetos. Allein dem erklärenden Verfahren liegt nicht mehr noch minder an der Kunst der Badegerätschaften zum Beispiel als an der der Arzneibereitung, wenn auch jene uns nur geringen, diese aber großen Nutzen gewährt durch ihre Reinigung. [b] Denn indem sie nur, um Einsicht zu erwerben, das Verwandte und Nichtverwandte in den Künsten zu entdecken sucht, ehrt sie alle gleichermaßen, und der Ähnlichkeit gemäß hält sie keine vor der andern für lächerlich. Für höher und würdiger aber wird sie den, welcher die nachstellende Kunst als Feldherrnkunst äußert, nicht halten als den, der sie als Kammerjägerei ausübt, sondern meistens nur für großsprecherischer. So auch jetzt bei dem, was du fragtest, mit welchem Namen wir diese sämtlichen Verrichtungen, welchen obliegt, einen (sei es belebten oder unbelebten) Körper zu reinigen, benennen sollen, [d] wird ihr nichts daran gelegen sein, welcher ihnen etwa als der zierlichste könnte beigelegt werden; er halte nur, die Reinigung der Seele ausgenommen, alles zusammen verbunden, was sonst irgend etwas reinigt. Denn das Reinigen an der Seele sollte eben jetzt von allem andern abgesondert werden, wenn wir anders verstehen, was unser Verfahren wollte.

Theaitetos: Wohl, ich habe es begriffen und gebe zu zwei Arten der Reinigung, von denen die eine für die Seele ist, abgesondert von der für den Leib.

Fremder: Sehr schön. So höre nun mein nächstes und versuche, auch das eben Gesagte entzweizuschneiden!

Theaitetos: Wie du mich führen willst, will ich versuchen, dir nachzuschneiden.


 © textlog.de 2004 • 22.12.2024 11:41:54 •
Seite zuletzt aktualisiert: 08.01.2006 
bibliothek
text
  Home  Impressum  Copyright