Benvenuto Cellini



- Inventar, Selbstbiographie


In dem Inventar, welches nach Cellini's Tod über seinen künstlerischen Nachlass aufgenommen worden, findet man eine Menge Kunstwerke verzeichnet, teils Modelle, teils begonnene, teils vollendete Sachen, von denen sich in Florenz keine Spuren mehr vorfinden. Es gehören dazu ein Basrelief der Madonna in Gips; das große Gipsmodell des Perseus; die erwähnte Wachsskizze zu einem Basrelief mit Adam und Eva; ein Wachsmodell des, Neptun für den großen Brunnen und viele andere größere und kleinere Modelle, teils in Gips und Wachs, darunter mehrere Kruzifixe, eine Madonna, eine Caritas, ein Denkmal mit mehreren Figuren für einen Papst, eine Kleopatra, Andromeda, Medusa, Minerva, eine Nachbildung der Reiterstatue des Gattamela zu Padua von Donatello, endlich die lebensgröße Marmorstatue der Herzogin Eleonore, die nicht beendigte Marmorbüste des Großherzogs und die gleichfalls marmorne Statue eines Narziss.  

So wenig man weiß, wo diese zum Teil doch größeren Werke hingekommen sind, so vielfach werden hier und dort Werke von ihm, namentlich solche der Goldschmiedekunst, angehörig, für die seinigen ausgegeben, ein Umstand, der, wenn auch nur ein kleiner Teil davon ihm gehören dürfte, indirekt dafür zeugt, dass sich die Ansicht über die Meisterschaft des Goldschmieds Cellini seit dem 16. Jahrhundert bis heute wenig geändert hat. Von den erhaltenen Goldschmiedearbeiten ist der Schild, welchen König Franz I. von Frankreich dem König Heinrich VIII. von England schenkte (im König-Schlosse George-Hall zu Windsor), von hohem Kunstwert; der reiche Schmuck von Figuren, Masken und Arabesken daran gehört in Erfindung und Ausführung zu dem trefflichsten, was in dieser Art existiert. Nicht minder herrlich ist die in prachtvollem ornamentistischem Stil gearbeitete Fassung eines Gebetbuchs, dessen Miniaturen von Giulio Clovio herrühren, in der Bibliothek von Neapel. 

Benvenuto Cellini wird stets den Ruhm eines höchst ausgezeichneten Goldschmieds oder Bildhäuers in kleineren Arbeiten behaupten, und in der geschmackvollen Ornamentik und Zierlichkeit der Ausführung bleibt er sogar unübertroffen; als Bildhauer im größeren Maßstabe wird er dagegen immer nur eine Stelle zweiten Ranges einnehmen. Seine Statue des Perseus hat große Schönheiten, sie ist im Motiv energisch, in den Linien bedeutend und was äußerste Vollendung und liebevolle Sorgfalt betrifft, wird sie sogar immerdar ein Muster bleiben; allein es bleibt eben, neben den großen Mängeln in den Verhältnissen und der strotzenden Muskulatur, doch immerhin ein ziemlich nüchternes Werk. Die Schaumünzen und Stempel, die er fertigte, haben schon das manieristische Gepräge, welches fast sämtlichen Nachfolgern des Michelangelo eigen ist. 

Seinen Charakter schildert er selbst am besten in der von ihm im Alter von 58 Jahren geschriebenen, bis 1562 reichenden, Selbstbiographie, ein nicht nur für die Kunstgeschichte, sondern für die Geschichte seiner Zeit und Zeitgenossen überhaupt höchst interessantes Werk. 

Benvenuto war der echte Sohn seiner Zeit, gut und schlimm, wie sie es mit sich brachte, mit vielen Tugenden und den meisten Fehlern des Florentiners, talentvoll und energisch, die Kunst zum Inhalt seines Dichtens und Strebens machend, und aus dieser Kunst seine Liebe zum Schönen und seine Sinnlichkeit Inas tägliche Leben übertragend. Dabei misstrauisch und rachsüchtig, reizbar und heftig und bei seiner kecken und scharfen Zunge nicht die Gunst der Mächtigen bewahrend, noch Frieden haltend mit seinen Nebenbuhlern, eigensinnig bis zum Unleidlichen, in Dingen des Interesses bis zur Kleinlichkeit berechnend, seiner Familie aber anhänglich und ohne Unterlass für ihr Wohl besorgt. 

Als man in Florenz den Plan entwarf, die Nischen an den Pfeilern des Palastes der Uffizien, an der dem Flusse zugewandten Fassade sowohl wie an den Längenseiten, mit den Statuen berühmter Toskaner zu schmücken und so den ursprünglichen Plan des Erbauers Giorgio Vasari und Herzog Cosimos Inas Leben treten zu lassen, gesellte man zu den Meistern der Bildhauerkunst Niccolo Pisano, Andrea Orcagna, Donatello und Buonarotti auch die Bildsäule des Benvenuto Cellini. 

Mit Benvenutos Selbstbiographie machte uns Deutsche zuerst (1796—1809) Goethe durch seine treffliche Übersetzung bekannt. Italienische Ausgaben seines Lebens und seiner Schriften kamen 1728 zu Neapel, 1806 und 1821 von Carpani zu Mailand, 1829 von Tassi zu Florenz heraus. (Eine kleinere Ausgabe der letzteren veranstaltete Prof. Choulant in Leipzig 1832.) Seine beiden Traktate über die Goldschmiedekunst und Skulptur erschienen schon zu des Verfassers Lebzeiten in Florenz 1568 und später 1731. Die beste Gesamtausgabe seiner Selbstbiographie und seiner anderen Schriften führt den Titel: Vita di B. Cellini scritta da lui medesimo, restituita alla lezione originale sul Manuscritto Poirot ora Laurenziano ed arricchita d'illustrazione e documenti inediti. Ricordi, prose e poesie di B. Cellini con documenti la maggior parte ined. in seguito e ad illustrazione della vita del medesimo raccolti e pubblicati dal dottor Fr. Tassi. Fiorenze 1829. 3 Bände. — Es gibt davon verschiedene Übersetzungen in andere Sprachen. 

Die Urschrift befindet sich seit 1815 in der Laurenzianischen Bibliothek zu Florenz. — 

 

Literatur. Seine erwähnte Selbstbiographie, übersetzt von Goethe (in dessen sämtlichen Werken). — Cicognara, Storia della scultura. Venez. 4813—1818. — Dr. Giov. Gaye, Carteggio medito d'Artisti dei secoli XIV, XV, XVI. Firenze, 1839—1840. — Kunstblatt, Jahrg. 1845 Nro. 35 und Jahrg. 1847 Nro. 48. — Alfr. v. Reumont, Beiträge zur italienischen Geschichte. 3. Band Benvenuto Cellinis letzte Lebensjahre. Berlin, 1855.  

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