Benvenuto Cellini



- Modelle: Jupiter, Vulkan, Mars; Statue des Perseus


Dieser [König Franz I. von Frankreich] hatte ihn nämlich durch denselben Kardinal an seinen Hof einladen lassen, ihn gleich nach seiner Ankunft im Jahr 1540 in seine Dienste genommen und als erste Arbeit zwölf lebensgroße Götterstatuen von Silber, die als Leuchter um seinen Tisch dienen sollten, bestellt. Er machte auch sogleich drei davon: Jupiter, Vulkan und Mars im Modelle fertig und hatte die erstere Statue sogar im Silber schon weit gefördert, als ihn der König beauftragte, das Modell des erwähnten Salzfasses als Tafelaufsatz in Gold auszuführen, eines Auftrags, dessen er sich zur vollkommenen Zufriedenheit seines königl. Bestellers entledigte. Dieses Salzfass ruht auf einem Untersatz von Ebenholz mit Relieffiguren, welche Tag und Nacht und die vier Hauptwinde darstellen, zeichnet sich aber vornehmlich durch die schönen nackten getriebenen Figuren des Meers und der Erde, jene auf Seetieren, diese auf einem Elefantenkopf ruhend, neben ihnen eine Barke, die dazu bestimmt war, das Salz aufzunehmen, wie ein Tempelchen ionischer Ordnung den Pfeffer, aus.*) (Dasselbe wurde im Jahr 1543 vollendet, befand sich im königl. Schatze bis 1570, um welche Zeit Karl IX. es dem Erzherzog Ferdinand schenkte, der es der Ambraser Kunstsammlung einverleibte, aus der es in die Galerie des Belvedere zu Wien überging, wo sich dasselbe noch heute befindet.) Mittlerweile fertigte Benvenuto die Modelle zu einer lebensgroßen Büste des Julius Cäsar und zu einem schönen Frauenkopf in derselben Große, die er in Erz goss; führte auch ein großes Gefäß von Silber ans und modellierte die Reliefs zu den erzenen Fußgestellen der silbernen Götterstatuen. Überdies war er, noch für verschiedene italienische Edelleute vollauf beschäftigt. Mitten in diesen Arbeiten machte er im Auftrag des Königs das Modell zu einem Bronzerelief, das für das Bogenfeld des Hauptportals am Schlosse von Fontainebleau bestimmt war und die Nymphe der Quelle darstellte, eine schöne liegende Überlebensgroße weibliche Gestalt, gestützt auf die Wasserurne und umgeben von den Tieren des Waldes, deren einem, einem Hirsch, sie den rechten Arm um den Hals legt**) (jetzt im Louvre zu Paris). Ermutigt durch diese Gunstbezeugungen des Königs, der ihn naturalisiert und ihn zum Herrn des Schlosses Le Petit-Nesle gemacht hatte, fertigte er jetzt das Modell zu einem Brunnen mit verschiedenen allegorischen Gestalten und einer Statue des Mars, die 54 Fuß hoch werden sollte und in der er den König selbst sinnbildlich darstellen wollte. Er machte auch das Gerippe zu diesem Kolossen fertig und führte den Kopf in einer Große aus, dass er dem erstaunten Volk zum Wunder und Märchen wurde; allem das Ganze kam nie zu Stande und von seinen Modellen ist auch keine Spur mehr vorhanden.  

Trotz aller der Gunst, in der er bei König Franz stand, schuldete ihm der Letztere immer noch große Summen, so dass Benvenuto für seine Rückstände durch Verleihung einer Abtei entschädigt werden sollte, aber selbst im Jahr 1559, nachdem er längst Frankreichs Boden verlassen, noch eine ziemlich bedeutende Summe gut hatte. Dazu kam noch, dass seine Nebenbuhler, und besonders die Geliebte des Königs, Madame d'Estampes, der er den Hof zu machen vernachlässigt hatte, ihm das Spiel bei Franz I. immer mehr verdarben, so dass es ihm in Frankreich nicht mehr recht gefallen wollte und er um Urlaub bat, den er auch endlich im Jahr 1545 erhielt. Er überließ sein Haus und einen großen Teil seiner Habe nebst verschiedenen Modellen der Obhut zweier seiner Gesellen und kehrte nach fünfjährigem Aufenthalte in Frankreich nach Florenz zurück, wo ihn Herzog Cosimo I. sehr freundlich empfing und in seine Dienste nahm. Hier begann er, unter anderen kleineren Arbeiten, die er dazwischen fertig machte, für diesen das Modell zu einer Statue des Perseus, die in Erz gegossen werden sollte, fertigte mehrere Gefässe mit erhabenen Figuren, einen goldenen Gürtel mit Masken und anderen Reliefs und Edelsteinen, die lebensgroße Büste des Herzogs, eine ganz vortreffliche Arbeit (in der Sammlung der Erzgüsse in der florentinischen Galerie), meißelte auch eine Gruppe: Apollo und Hyazinth, ferner eine Statue des Narziss aus Marmor und restaurierte Kopf und Anne einer antiken Statue des Ganymed (in der Galerie der Uffizien). 

Unterdessen waren seine Feinde in Frankreich nicht untätig gewesen, König Franz hatte ihm seine Gunst entzogen und auch in Florenz fand er beim Guss des Perseus viele Schwierigkeiten, da man es ihm oft an den nötigsten Hilfsmitteln fehlen ließ und der Bildhauer Bandinelli aus Eifersucht und Neid auf jede Weise gegen ihn intrigierte. Trotz aller dieser Hindernisse kam der Guss der Statue selbst endlich doch im Jahr 1550 glücklich zu Stande. Im Jahr 1552 begab sich Cellini, angeblich Geschäfte halber, nach Rom zu dem Mäkler Bindo Altovoti, dessen Büste er in Erz gegossen hatte (noch heute in dem von ihm ehemals bewohnten Palaste an der Engelsbrücke zu Rom), in Wahrheit aber um Gelegenheit zu suchen, in des Papstes Dienste treten zu können, was ihm aber nicht gelang. Nach seiner Rückkunft nach Florenz wurde er, da inzwischen ein Krieg mit Siena ausgehlochen war, zur Ausbesserung der florentinischen Befestigungswerke verwendet. Darauf restaurierte er einige in der Gegend von Arezzo ausgegrabene Altertümer von Erz, worunter die bekannte eherne Chimäre, und stellte nun seine, samt den plastischen Arbeiten des Fußgestells vollendete Perseusstatue auf, die im Jahr 1554 enthüllt wurde und ungeheuren Beifall fand. Die Statue des Perseus (in der Loggia de' Lanzi zu Florenz), der, das vom Rumpf getrennte Haupt der Mediusa mit der Linken erhebend, auf dem Körper des Getöteten steht, gehört zu den besten Arbeiten des Cellini und auch überhaupt seiner Zeit. Der Körper ist schön und feingebildet und das Gesielt sehr anmutig. Die Basis ist ungemein zierlich und reich gegliedert, an der Vorderseite befindet sich ein Relief, ringsum sind vier Nischen mit reizenden ungemein fein gearbeiteten Figuren.  

Das äußere Glück, das er indessen mit diesem Werke genoss, war nicht groß, denn zu den unendlich vielen Verdrießlichkeiten und Ränken aller Art, denen er während der Arbeit daran ausgesetzt gewesen und dem Kummer und den Sorgen, die er unter der Zeit erlitten, und die er nur zu ertragen vermocht, weil sein Ehrgeiz und seine Ruhmbegierde mit dieser Statue die Behauptung seiner Feinde und Neider, dass er kein Bildhauer sei und keine Figuren im Großen ausführen könne, niederschlagen wollten; zu all diesen Widerwärtigkeiten kam noch, dass Herzog Cosimo ihm kaum den dritten Teil der Summe dafür ausbezahlte, als die erfahrensten Künstler die Statue geschätzt hatten, er überdies das Geld, wovon sogar ein großer Teil in zum voraus gemachten Barauslagen bestand, in kleinen Ratenzahlungen erhielt, deren letzte ihm sogar erst kurz vor seinem Tod ausbezahlt wurde. Ihm musste daher beinahe ausschließlich der innere Lohn der Befriedigung mit seinem Werke genügen; auch fehlte es ihm nicht an Ehrenbezeugungen, denn noch in demselben Jahre schrieb ihn die Stadt Florenz in ihr goldenes Buch ein. 

Vier Jahre darauf trat er in den geistlichen Stand aus dem alleinigen Grunde, um der Gerichtsbarkeit der Geistlichen teilhaftig zu werden und, wie er selbst sagt, gegen seine großen Schuldner um so strenger verfahren zu können. Es war im Jahr 1558 als er mit Bewilligung des erzbischöflichen Generalvikars die erste geistliche Tonsur erhielt; im Jahr 1560 ließ er sich aber schon wieder seiner eingegangenen Verbindlichkeiten entbinden, um seinen „Neigungen" wie früher nachgehen zu können und seinen unehelichen Kindern die Legitimität zu sichern. In der Zwischenzeit bewarb er sich mit Giovanni da Bologna, Bandinelli und anderen Bildhauern um die Übertragung der Statue des Neptun für den großen Brunnen auf der Piazza del Granduca. Er entwarf dazu ein großes Modell, das nach seiner Versicherung den Vorzug vor allen ändern erhalten haben soll; da er dasselbe aber nicht vollenden konnte, weil er in Folge erhaltenen Gifts zur Arbeit unfähig geworden war, lief ihm sein von der Herzogin begünstigter Nebenbuhler Ammanati den Vorrang ab. Diesem wurde die Ausführung übertragen.  

Als sich Cellini auf solche Weise in seinen Erwartungen getäuscht fand, zeigte er sich geneigt, dem Ruf der Katharina von Medici nach Paris zu folgen, um dort das Grabmal Heinrich II., ihres Gemahls, zu vollenden, allein der Herzog ließ merken, dass ihm dies unangenehm wäre, und die Königin hörte auf in ihn zu dringen, ihr Benvenuto zu überlassen. Im Jahr 1563, kurz nachdem er, um den Vorschriften der heil. römischen Kirche zu gehorchen, und eheliche Kinder um sich zu sehen, sich verheiratet hatte, ward ihm von Neuem der frühere Jahresgehalt von zweihundert Scudi wieder ausgesetzt und der Auftrag erteilt, für den Dom Bildhauerarbeiten zu liefern. Auch war er um diese Zeit mit einem großen Relief, Adam und Eva beschäftigt, dessen Skizze in Wachs sich nach seinem Tode noch in seiner Werkstatt vorfand. Im Jahr 1565 kaufte Cosimo dem Künstler ein in den letzten Jahren verfertigtes marmornes Kruzifix in Lebensgröße ab, über dessen Kunstwert Vasari äußerte, dass es das schönste und seltenste Skulpturwerk dieser Gattung sei. (Dasselbe wurde im Jahre 1576 von Großherzog Francesco an König Philipp II. von Spanien verschenkt, wo man es jetzt noch im Chor der Kirche des Escorial sieht. Es trägt die Inschrift: Benvenutus Cellinus civis Florent. faciebat MDLXII.) Endlich wurde. Benvenuto noch beauftragt, Entwürfe zu den Kanzeln des Domes von Florenz anzufertigen. Er lieferte auch drei kleine Modelle, von denen der Herzog eines wählte, nach welchem die äußere Form der Kanzel gemacht wurde. Cellini sollte die Reliefs und Verzierungen dazu ausarbeiten. Sei es aber, dass er wenig Lust an dem Werke hatte, oder dass, wie er klagte, die Bauverwaltung ihn nicht gehörig mit Werkleuten und Material unterstütze, genug, die Arbeit rückte nicht vor, der Herzog verlor die Geduld und entließ den Künstler aus seinem Dienste. Dennoch scheint der darüber fast untröstlich gewordene Cellini auch später noch für Herzog Francesco, Cosimos Sohn, der seit 1564, in Folge freier Verzichtleistung des Vaters, die Regentschaft in Toskana führte, gearbeitet zu haben, denn im Jahr 1570 noch wollte er eine Juno für ihn gießen, von der sich zwei kleine Modelle in seinem Nachlass vorfanden. Im Dezember 1570 erkrankte jedoch Benvenuto gefährlich; er machte sein Testament und starb am 13. Febr. 1571. Zwei Tage darauf wurde er in dem gemeinsamen Begräbnisse der Mitglieder der Akademie der Künste in der Nunziata beigesetzt. Er hinterließ einen Sohn und zwei Töchtern, drei legitim geborene Kinder. 

 

*) Abgebildet in den Denkmälern der Kunst. Atlas zu Kuglers Handb. der Kunstgesch. Taf. 73, Fig. 9.  

**) Abgebildet in den Denkmälern der Kunst. Atlas zu Kuglers Handb. der Kunstgesch. Taf. 73, Fig. 8.  

Share
 © textlog.de 2004 • 23.11.2024 13:04:34 •
Seite zuletzt aktualisiert: 27.02.2005 
bibliothek
text
  Home  Impressum  Copyright  A  B  C  D  E  F  G  H  I  J  K  L  M  N  O  P  Q  R  S  T  U  V  W  X  Y  Z