Chor. (Schöne Künste) Es scheint, dass dieses griechische Wort ursprünglich einen Trup Menschen, zu einem festlichen Aufzug versammelt, bedeute, einen Trup festlicher Sänger oder Tänzer. Die Alten, welche bei allen öffentlichen Handlungen den Pomp und das feierliche liebten, suchten es unter anderm auch dadurch zu erhalten, dass sie gewisse Handlungen einem solchen Trup Menschen auftrugen. An ihren Festtagen hatten sie Chöre von Sängern und Tänzern, wodurch sie dem Fest ein feierliches Ansehen gaben. Dergleichen Chöre hatten sie auch in ihren Tragödien und Komödien. Von den singenden Chören der Alten haben wir noch jetzt die Benennungen, da wir durch das Wort Chor einen Trup Sänger oder den von ihm abgesungenen Gesang oder auch den Ort in den Kirchen, wo er steht, bezeichnen. Es ist deswegen nötig, dass wir von jeder Bedeutung besonders sprechen.
Chor in der Tragödie der Alten. Es erhellt aus den Nachrichten, die uns die Alten von dem Ursprung der Tragödie und der Komödie geben, dass beide aus den Chören von Sängern, die bei den Festen des Bachus gebräuchlich waren, entstanden sind. Man hat keine ausführliche Nachricht davon, was es ursprünglich mit diesen Chorgesängen für eine Beschaffenheit gehabt habe. Doch weiß man, dass sie von zweierlei Gattung gewesen, dithyrambische und phallische Gesänge; jene von einem hochtrabenden Ton und Inhalt, diese ausgelassen und mutwillig. Aristoteles sagt, dass durch jene die Tragödie, durch diese aber die Komödie veranlasst worden. Wie es damit eigentlich zu gegangen sei, lässt sich nicht genau bestimmen; wahrscheinlich aber ist es, dass es einer, dem die Einrichtung des Festes aufgetragen gewesen, versucht habe den Gesang des Chors durch die Vorstellung einer Handlung oder auch wohl blos durch Erzählung derselben, zu unterbrechen und dass der dithyrambische Gesang durch eine große, ausserordentliche, der phallische aber durch eine possierliche und mutwillige Handlung unterbrochen worden. Da der erste Einfall, den Gesang des Chors durch Erzählung oder Vorstellung einer Handlung zu unterbrechen und dadurch das Fest ergötzender zu machen, Beifall gefunden hat, mögen danach andere der Sache weiter nachgedacht und solche Handlungen dazu gewählt haben, die nach und nach zu den regelmäßigen Vorstellungen auf der Schaubühne Gelegenheit gegeben haben.
Es lässt sich hieraus mit Gewissheit schliessen, dass in den ersten Zeiten, da die Tragödie und Comedie aufgekommen, der Gesang des Chores die Hauptsache gewesen, die danach, wie in anderen Dingen oft zu geschehen pflegt, von dem, was anfänglich eine Nebensache war, verdrängt worden. Denn in den alten Tragödien und Comedien, die wir noch haben, sind die Chöre allerdings die Nebensache und man weiß auch, dass sie endlich aus der Comedie ganz verdrängt worden.
So wie wir die Chöre in den noch übrigen Tragödien der Alten finden, bestehen sie aus einer Gesellschaft solcher Personen, männlichen oder weiblichen Geschlechts, die bei der ganzen Handlung meistenteils als Zuschauer gegenwärtig sind, ohne jemal die Schaubühne zu verlassen. Von Zeit zu Zeit, wenn die Handlung stille steht, singen sie Lieder ab, deren Inhalt sich auf die Handlung bezieht. Bisweilen nehmen sie auch an der Handlung selbst einen Anteil, äußeren gegen die handelnden Personen ihre Gesinnungen durch Rat, Vermahnung oder Trost. Die Personen des Chors sind bisweilen ein Trup von dem Volke, bei dem die Handlung vorgeht, wie in dem Oedipus in Theben, da das ganze Volk, das die Priester an seiner Spitze hat, den Chor ausmacht; bisweilen sind sie die Ältesten aus dem Volke oder die Räthe des Königs oder die Hausgenossen der Hauptperson, wie die Aufwärterinnen einer Königin. Der Chor besteht aber auch bisweilen aus Personen, die ganz zufällig als bloße Zuschauer zu der Handlung gekommen sind, wie in der Iphigenia in Aulis des Euripides, wo ein Trup Frauen, welche die Neugierde, das Lager der Griechen zu sehen, auf den Schauplatz geführt hat, den Chor ausmachen. Doch gibt es auch Chöre, die als Hauptpersonen der Handlung erscheinen, wie die Eumeniden des Äschylus und die Danaiden1 desselben Dichters.
Die Hauptverrichtung des Chors ist, wie gesagt, der Gesang zwischen den Handlungen, der allemal moralischen Inhalts ist und dient, entweder den Affekt zu stärken oder gewisse Empfindungen über das, was in der Handlung vorkommt, auszudrucken. Der Chor konnte aus dem Trauerspiel niemals wegbleiben, weil er ihm wesentlich war; ob es gleich, wenn das Trauerspiel, wie in den nächstfolgenden Zeiten geschehen ist, bloß als eine wichtige Handlung angesehen wird, seiner gar nicht bedarf und er deswegen aus den neueren Trauerspielen ganz wegbleibt. Ja er konnte diesem ersten Ursprung zufolge, auch nicht einmal die Bühne verlassen, sondern musste notwendig als die Hauptsache immer zugegen sein, weil die Handlung eigentlich das episodische des Schauspiels war.
Aus diesem Gesichtspunkt muss man den Gebrauch der Chöre beurteilen und das unwahrscheinliche, das bisweilen darin ist, seinem Ursprung und nicht dem Dichter zuschreiben. Wenn es von der Willkür des Dichters abgehangen hätte, mit dem Chor, so wie mit den übrigen Personen zu verfahren, so wäre es ein unverzeihlicher Fehler, dass Euripides in der Iphigenia in Aulis, eine Schaar fremder und ganz unbekannter Frauenspersonen, gleich zu Vertrauten der Clytemnestra und der übrigen Hauptpersonen gemacht hat. Weil aber der Chor notwendig zugegen sein musste, mithin ein Zeuge aller Reden und Handlungen war, so mussten die Dichter ihn als vollkommen verschwiegen und unparteiisch ansehen. Doch scheint es, dass schon Sophokles versucht habe, den Chor ganz abtreten zu lassen; denn in seinem Ajax teilt er sich als ein Bote vom Teucer kommt und die handelnden Personen vermahnet, den aus dem Zelt gegangenen Ajax zu suchen, in zwei Teile und hilft den anderen ihn aufsuchen; so dass kurz nachher, im Anfang des vierten Aufzugs, Ajax ganz allein auf der Bühne erscheint. Man muss sich verwundern, dass Euripides sich dieser Freiheit nicht bedient hat. Die handelnden Personen entdecken in Gegenwart des Chors ihre geheimsten Gedanken, eben so, wie wenn sie ganz allein wären; der Chor verrät sie so wenig als der Zuschauer; er ist der Vertraute beider Parteien, auch wenn die Personen gegen einander handeln. Weil er also notwendig unparteiisch sein musste, so nimmt er, wenn er sich in die Handlung einmischt, allemal die Partei der Billigkeit, doch ohne etwas zu verraten. Er redet zum Frieden, er nimmt sich der Unterdrückten an, er sucht die Gemüter zu besänftigen, mischt seine Klagen mit unter die Tränen der Lei denden. Indessen bleibt eine solche Teilnehmung an der Handlung meistenteils eine Nebensache. Die Hauptsache ist der Pomp des Aufzuges und der feierliche Gesang zwischen den Aufzügen.
Anfänglich bestand der Chor in dem griechischen Trauerspiel aus vielen Personen, die sich bisweilen auf fünfzig erstreckten. Auf Befehl der Obrigkeit musste Äschylus diese Zahl bis auf 15 herunter setzen, nachdem man gesehen, dass ein so großer Pomp, wie bei der Vorstellung der Eumeniden geschehen, zu starke Wirkung auf die Gemüter getan.2 Der Chor hatte einen Vorsteher, der Coryphäus genannt wurde: wenn der Chor Anteil an der Handlung nahm, so redete dieser allein im Namen aller anderen, daher die handelnden Personen den Chor immer in der einzeln Zahl anreden. Bisweilen aber teilte sich der Chor in zwei Truppe, die beide abwechselnd sangen.
Die Neueren haben die Chöre im Trauerspiel abgeschaft, so wie sie überhaupt viel in der Pracht desselben hinter den Alten zurück bleiben. Indessen ist gewiss, dass sie mit großem Vorteil könnten bei behalten werden, zumal da man jetzt von dem Zwang frei wäre, ihn beständig auf der Bühne zu behalten. Die heutigen Opern scheinen noch die nächste Nachahmung des alten Tranerspiels zu sein. Einige Engländer haben versucht die Chöre wieder einzuführen und selbst Racine hat es in der Athalia getan.
Auch im Lustspiel hatten die Alten anfänglich Chöre, die aber zeitig abgeschaft worden. In der alten atheniensischen Komödie, war die Besorgung des Chors einem Mann aufgetragen, der allemal durch eine öffentliche Wahl dazu ernennt worden; dieser musste die Sänger des Chors bezahlen. Als aber jener, welcher Choragos genannt wurde, abgeschaft worden, gingen auch die Chöre ein, weil niemand die Sänger bezahlen wollte.3
Auch die Lieder, welche der Chor abgesungen hat, werden Chöre genannt. Sie machen einen wichtigen Teil dessen aus, was uns von der lyrischen Poesie der Griechen übrig geblieben ist. Sie sind, so wie die pindarischen Oden in Strophen und Antistrophen eingeteilt und bestehen meist aus sehr kurzen lyrischen Versen. Es scheint, dass die Dichter auf diese Chöre den größten Fleis gewendet und dabei hauptsächlich zum Augenmerk gehabt haben, sie zu Nationalgesängen zu machen; wie man denn verschiedentlich Spuren findet, dass viele diese Lieder auswendig gekonnt und wie sich etwa Gelegenheit dazu gezeigt, abgesungen haben. Was für Kraft diese Gesänge auf die Gemüter gehabt haben, lässt sich aus folgenden zwei Anekdoten abnehmen. Plutarchus berichtet,4 dass viel von den unglücklichen Atheniensern, die nach der berühmten Niederlage, die Nicias in Sizilien erliten, zu Sklaven gemacht worden, durch Absingung der rührenden Lieder des Euripides ihre Freiheit wieder bekommen haben. Sie lernten, sagt er, die kleinen Stücke aus seinen Tragödien, welche von Reisenden dahin gebracht wurden, auswendig, und machten sie auch anderen bekannt. Viele von denen, die in ihr Vaterland wieder zurück gekommen sind, sollen den Euripides auf das zärtlichste umarmt und ihm erzählt haben, wie sie einige seiner Lieder ihren Herrn vorgesungen, und dadurch teils ihre Freiheit wieder bekommen, teils nach der Schlacht, in der Irre, den nötigen Unterhalt gefunden haben. Eben dieser Geschichtschreiber erzählt auch folgendes:5 Nach der Eroberung Athens durch Lysander, wurde in Vorschlag gebracht, nicht nur alle Athener zu Sklaven zu machen, sondern ein Thebaner riet an, daß man Athen gänzlich zerstören sollte. Als hierauf die Anführer der Feinde zur Tafel gegangen waren, sang ein gewisser Phocenser den Chor aus des Euripides Elektra, der mit diesen Worten anfängt:
O! Tochter des Agamemnons Elektra
Ich komm in deine bäurische Hütte.
Dieses Lied erweckte so starkes Mitleiden bei den Zuhörern, dass die Stadt verschont wurde.
Chor in der heutigen Musik. Bedeutet einen vieroder mehrstimmigen figurierten oder arienmäßigen Gesang. Er dient, das Gehör auf einmal mit der vollen Pracht der Harmonie und zugleich mit der Schönheit der Melodie zu rühren, zumal wenn jede Partie mit einer Menge von Stimmen besetzt ist. Solche Chöre kommen zur Abwechslung in großen Oratorien und in den Opern vor. Der Text dazu enthält etwas, das natürlicher Weise von dem ganzen Volke, welches bei der Handlung intereßirt ist, auf einmal gesprochen wird; freudigen Zuruf oder ehrfurchtsvolle Anbetung. Überhaupt, weil bei dem Chor alle Personen einerlei Worte singen, so kann er von dem Dichter nur da angebracht werden, wo der Gegenstand natürlicher Weise auf gar alle Anwesende einerlei Wirkung macht, so dass keiner die Äusserung derselben verbergen kann. Man kann sich leicht vorstellen, dass bei einer feierlichen Handlung, wenn durch das, was geschieht, das Gemüt zu gewissen Empfindungen gut vorbereitet ist, ein plötzlicher Ausbruch desselben in einer Menge von Menschen die stärkste Wirkung machen müsse. Es ist ohnedem eine sehr bekannte Sache, dass jede Empfindung, die wir an vielen Menschen zugleich sehen, unwiderstehlich auf uns wirkt. Wer einen oder zwei Menschen in irgend einer Leidenschaft sieht, kann noch mit einiger Ruhe ihnen zusehen; wenn aber eine ganze Menge durch dieselbe Leidenschaft in Bewegung gesetzt ist, so wird man mit unwiderstehlicher Gewalt zur Freude, Furcht oder Schrecken hingerissen.
Der Dichter also, der den Text zu einer feierlichen Musik macht, muss mit Überlegung die Gelegenheit wahrnehmen, wo er mit Vorteil einen Chor anbringen kann. Der Text des Chores muss sehr einfach, in kurzen und wohlklingenden Sätzen abgefasst, besonders aber der Sinn derselben äußerst leicht und einfach sein; denn das Feine und Tiefsinnige schickt sich nicht für die Menge. Was man eigentlich überlegte Gedanken nennt, würde dabei unnatürlich und auch überflüssig sein.
Dass die Chöre nur selten und in einem langen Stück, wie die Oper ist, kaum an zwei oder drei Stellen anzubringen seien, ist eine Anmerkung, die jedem einleuchten wird. So sehr starke Eindrücke, wie diese sind, die man von Chören erwarten kann, können nur selten vorkommen; und da sie wegen ihrer Stärke auch anhaltend sind, so ist das Ende der Handlung vorzüglich der Ort, wo sie anzubringen sind. Denn in diesem Falle wird der Zuhörer mit dem stärksten Eindruck, der danach durch nichts folgendes zerstreut wird, nach Hause geschickt.
Es kommen aber in großen Singspielen mehrere Gelegenheiten vor, wo alle bei der Handlung intereßirte Personen oder ein großer Teil derselben zugleich ihre Gedanken äussern, wo also der Tonsetzer einen vielstimmigen Gesang setzen muss. Deswegen sind nicht alle diese Gesänge Chöre. Diesen Namen gibt man z. B. den Gesängen nicht, wo der ganze Trup der Sänger etwa eine Meinung äussert oder einen Spruch in gelassener Gemütsfassung singt, wo der Tonsetzer allgemein den Gesang fugenmäßig einrichtet. Zum eigentlichen Chor gehört etwas affektreiches, ein lyrisches Silbenmaas und ein nach allen Regeln der Melodie und des Rythmus eingerichteter Gesang, wo jede Stimme ihren eigenen Gang hat.
Der Chor ist eine der schwersten Arbeiten des Tonsetzers, der dazu die Harmonie vollkommen in seiner Gewalt haben muss, weil bei der sehr starken Besetzung der Stimmen und dem ziemlich einfachen Gesange, die Fehler wider die Harmonie sehr fühlbar werden. Überhaupt muss er dabei die Regeln des vielstimmigen Satzes6 wohl in acht nehmen, selbige aber nach einigen, dem Chor besonderen, Regeln auszuüben wissen. Man findet hierüber verschiedene gründliche Anmerkungen in dem am Rande angezogenen Werk.7 Der größte Fleiß muss auf die beiden äußersten Stimmen verwendet werden, die gegen einander, wenn man die Mittelstimmen wegliesse, eben so, wie ein bloß zweistimmiger Gesang müssen beschaffen sein, so dass nirgend ein Fehler zu merken sein müsste, wenn die Mittelstimmen ganz überhört würden. Der Tonsetzer hat sich nicht nur für schweren und künstlichen Gängen und Fortschreitungen, deren genauen Vortrag man nie von einem ganzen Trup Sänger erwarten kann, sondern auch vor einer zu weiten Auseinandersetzung und zu nahen Vereinigung der Harmonie in acht nehmen. Er muss wohl bedenken, dass unter der Menge seiner Sänger nicht alle Stimmen von gleichem Umfang sein können. Er sollte sichs zur Regel machen, dass keine Stimme ihr Notensystem um mehr als eine Linie überschreite, weil ohne diese Vorsichtigkeit es leicht kommen kann, dass einige Stimmen auf gewissen Stellen ausfallen, welches den Gesang sehr mangelhaft machen würde.
Diejenigen Chöre, darin die Stimmen abwechseln und denn wieder zugleich einfallen, scheinen die angenehmsten zu sein. Auch kann bisweilen eine besonders gute Wirkung aus dem Pausiren der Stimmen entstehen, da denn die Instrumente den Eindruck, den der Gesang gemacht hat, auf eine ihm eigene Art fortsetzen und verstärken.
Bei Besetzung der Stimmen und der ganzen Anordnung der Sänger ist auch viel Überlegung nötig. Das hauptsächlichste ist, dass die äußersten Stimmen vorzüglich gut besetzt seien, weil das meiste, wie schon erinnert worden, auf diese ankommt. Es würde unerträglich sein, wenn eine von diesen durch andere Stimmen sollte verdunkelt werden; weil man notwendig Dissonanzen hören müsste, deren Auflösung überhört würde. Je stärker übrigens die Stimmen besetzt sind, wenn nur alles Verhältnismäßig ist, je größer muss notwendig die Wirkung des Chors sein. Der einfachste Gesang, wenn er nur im Satz rein ist, kann durch eine große Menge der Stimmen, die gewaltigste Wirkung tun. Es scheint in der Tat, dass auch hierin die Gesetze der Bewegung der Körper statt haben und dass hundert Stimmen nicht bloß auf das Ohr, sondern auf das Herz zehnmal mehr Eindruck machen als zehn Stimmen. Es ist zu vermuten, dass durch Chöre die Empfindungen auf das äußerste könnten verstärkt werden. Man weiß ziemlich gewiss, dass den Griechen die Kraft der Harmonie in ihren Chören gefehlt hat und dass ihre Sänger im Einklang und in Oktaven gesungen haben. Der uns unglaubliche Eindruck, den sie gemacht haben, könnte gar wohl blos eine Wirkung von der Menge der Stimmen gewesen sein. Dieses zu begreifen darf man nur bedenken, wie unendlich fürchterlicher ein Feldgeschrei eines ganzen Heeres sei als ein ähnliches Geschrei von wenigen Menschen.
Wir wollen über die Chöre nur noch anmerken, dass hierbei mehr als irgend zu einem anderen Teile der Kunst, große Erfahrung von Seite des Kapellmeisters erfordert werde. Wer nicht ungemein oft, bei verschiedenen Gelegenheiten und an ganz verschiedenen Orten, in Kirchen, auf der Schaubühne und im freien, große Chöre, von abgeänderten Plätzen und Stellungen gehört hat, der wird nie alle Vorteile kennen ler nen, die, sowohl den Satz, als die Ausführung der Chöre vollkommener machen. Also müssen sich unerfahrne, so viel möglich, enthalten, die Musik in aller ihrer Pracht, so wie in Chören geschieht, zeigen zu wollen. Unter den Deutschen sind Händel und Graun die größten Meister hierin. Ihre Chöre verdienen mit der größten Überlegung studirt zu werden.
Chor wird auch die Gesellschaft der Sänger selbst, die zu Aufführung einer großen Musik bestimmt sind, genannt. Ihr Vorsteher wird in Deutschland allgemein der Præfectus Chori genannt.
Chor in den Kirchen, auch in großen Musiksälen, ist der Ort, wo der Chor der Sänger steht um die Musik aufzuführen. Es würde vorteilhaft für die Musik sein, wenn ein Kenner von feinem Gehör und weitläufiger Erfahrung, seine Beobachtungen über die vorteilhafte oder nachteilige Einrichtung der zur Musik bestimmten Gebäude an den Tag geben würde. Denn noch zur Zeit scheinen die Baumeister keine bestimmte Regeln zu haben, nach denen die Chöre sicher anzulegen wären.
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1 In der Tragödie I
2 S. Äschylus.
3 Die Stelle, welche sich in dem Fragment des Platonius, von den drei Comedien der Griechen, hierüber findet, hat Theobald in der Vorrede zu seiner Ausgabe des Shakespears angeführt und verbessert.
4 In dem Leben des Nicias.
5 Im Lysander.
6 S. Vielstimmig.
7 Exposition de la theorie & de la pratique, de la Musique par Mr. de Bethizy Ch. XVII. art. 3.