Staatsphilosophie
Staatsphilosophie. Gegenüber dem Platonischen Staatsideal weist das Aristotelische Staatsbild realistischere, die historisch gewordene Wirklichkeit mehr berücksichtigende Züge auf. Wie Plato ist aber Aristoteles der Ansicht, daß das wahrhaft menschliche, sittliche Leben nur im Staate zur vollen Ausbildung gelangen kann. Der Mensch ist von Natur aus ein soziales, ein »politisches Wesen«, er ist auf das Gemeinschaftsleben angelegt (phaneron hoti tôn physei hê polis esti kai hoti ho anthrôpos physei politikon zôon esti, Polit. I 2, 1253 a 1). Der Staat ist ein Naturprodukt (physei) und früher als der Einzelne (proteron ê hekastos). Wenn der Staat auch historisch aus Familien und Gemeinden hervorgegangen ist (hê d' ek pleionôn kômôn koinônia teleios polis), so hat er doch das teleologische Prius; dein Ziele nach ist er das Erste, wie das Ganze den Teilen vorangeht. Um des Lebens willen triebmäßig (durch hormê) entstanden, wird er eine Organisation zum guten und sittlichen Leben (eu zên), ein Mittel zum vollkommenen Leben. Ein Motiv der sozialen Verbindung ist auch der gemeinsame Nutzen (to koinê sympheron). Die Gesinnung soll die Bürger zur Einheit verbinden; einer Gütergemeinschaft (deren Schäden Aristoteles im Einzelnen erörtert) bedarf es nicht. Die Verfassung (politeia) des Staates soll den Verhältnissen entsprechen, muß aber immer vernünftig sein, dem Gemeinwohl und der Sittlichkeit dienen. Gute Verfassungen sind (je nach den Umständen) Monarchie. Aristokratie und »Politie« (politeia), gemischte (»republikanische«) Verfassung; letztere ist die beste von allen. Schlechte Verfassungen sind Tyrannis, Oligarchie und »Demokratie« (Ochlokratie). Das Ideal ist die Herrschaft der Vernünftigsten und Sittlichsten. Bürger können nur Freie sein; Sklaverei ist etwas Naturgemäßes, solange wenigstens keine Maschinen erfunden sein werden, welche die Sklavenarbeit ersparen. Manche Völker und Individuen sind zu »Sklaven« geboren, und es gibt Herrscher von Natur aus. Aufgabe des Politikers ist es, eine solche Staatsordnung vorzuschlagen, deren bereitwillige Annahme und mögliche Aufrechterhaltung zufolge der bestehenden Zustände am ersten zu erwarten ist. Der Staat ist der beste, in welchem der Mittelstand herrscht. Der glücklichste Staat ist der, welcher auch der beste, sittlichste ist. Der gute Gesetzgeber hat zu sehen, wie der Staat zum tugendhaften Leben und zur Glückseligkeit gelangen kann.
Die Erziehung der Kinder ist eine soziale Angelegenheit, denn die Kinder müssen zu tüchtigen Staatsbürgern herangebildet werden. Von der Geburt an sind die Kinder körperlich zu kräftigen, in jeder Hinsicht geschickt zu machen. Dann sind sie auch intellektuell und sittlich zu bilden, kurz sie sind an Leib und Seele, Geist und Charakter tüchtig zu machen.