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Ethik


Ethik. Die Ethik des Aristoteles ist eudämonistisch (aber nicht hedonistische) und zugleich »Energismus« (Betonung der richtigen Betätigung). Sie ist »teleologisch«, weil sie in einem Ziele den obersten Maßstab des Ethischen findet. Ferner ist sie wesentlich Güter- und Tugendlehre: der Begriff der Pflicht spielt erst bei den Stoikern eine Rolle. Die Aristotelische Ethik ist psychologisch begründet und zeugt auch in ihrer Anwendung von großer Menschenkenntnis. Sie will praktisch sein und tritt als ein Teil der Staatslehre auf. - Das von jedem Erstrebte ist ein Gut. Stets besteht es in der Verwirklichung des Naturzweckes. Es gibt ein Gut an sich (agathon haplôs) und in Beziehung zu etwas (di' allo), jenes ist ein Ziel des Handelns, das um seiner selbst willen begehrt wird. Das beste Ziel ist das höchste Gut. Ein solchen Ziel ist am meisten die Glückseligkeit (eudaimania), da wir diese immer um ihrer selbst willen erstreben. Überall besteht sie in der einem Wesen gemäßen Tätigkeit. Die menschliche Glückseligkeit also beruht auf der dem Wesen des Menschen gemäßen (oikeion) Betätigung (en tô ergô), d.h. im vernunftgemäßen = tugendhaften Leben (kat' aretên teleian); die Lust ist nicht das Ziel, sondern nur der Eudämonie beigemischt, deren Vollendung. Äußere Güter sind ebenfalls nicht das oberste Ziel des Handelns, sondern nur Mittel zur Eudämonie. Die höchsten Güter sind die geistigen; sie sind die beständigsten und können zugleich vielen zuteil werden. Die Tugend ist die (aus einer Anlage durch Übung und Einsicht entwickelte) Fertigkeit (hexis) zum vernunftgemäßen Handeln (psychês energeia kata logon). Die Tugend besteht im besten Handeln und in der festen Gemütsrichtung dazu, vermöge welcher der Mensch gut wird und sein Werk gut verrichtet. Es kommt hier nicht (wie nach Sokrates) auf das bloße Wissen an, sondern Gewöhnung, Übung ist vonnöten. Wir haben die Tugenden nicht von Natur, sondern müssen sie erst erwerben, auf Grund einer Anlage zum Guten. Erst durch Übung im gerechten Handeln wird man gerecht: aus gleichmäßigen Handlungen gehen dauernde Gemüts- und Willensrichtungen hervor. Die »praktische Vernunft« entscheidet über das Richtige, sie bewährt sich im Maßhalten und zwar in den »ethischen« (êthikai) Tugenden, den Tugenden des Charakters, welche von den »dianoëtischen« (dianoêtikai) Tugenden, den Tugenden des Verstandes, unterschieden werden. Unter »ethischer« Tugend versteht Aristoteles die dauernde Willensrichtung (hexis prohairetikê), welche auf die rechte Mitte (mesotês) zwischen dem Zuviel und Zuwenig geht, d.h. sich von der Vernunft leiten läßt und die Extreme vermeidet (z.B. ist die Tapferkeit die rechte Mitte zwischen Feigheit und Tollkühnheit). Zu den ethischen Tugenden gehören Tapferkeit jeder Art, Mäßigkeit (sôphrosynê), Freigebigkeit, Wahrhaftigkeit u. a., besonders die Gerechtigkeit (dikaiosynê). Sie ist die vollkommenste Tugend (aretê men teleia), die ganze Tugend (holê aretê). Im engeren Sinne ist sie entweder austeilende (en tais dianomais) oder ausgleichende (en tois synallagmasin) Gerechtigkeit; erstere waltet nach geometrischem, letztere nach arithmetischem Verhältnis (z.B. bei der Strafe), ohne Berücksichtigung des persönlichen Wertes (juridische gegenüber der sozialen Gerechtigkeit). Dazu kommt noch das Billige (epieikes). Die dianoëtischen Tugenden sind die intellektuellen Tüchtigkeiten in Theorie und Praxis, im Denken, Handeln und Gestalten. Dazu gehören Vernunft, Wissenschaft, Weisheit, Kunst (technê) und Einsicht (phronêsis), welche die rechte Vernunft (orthos logos) ist. Die Tätigkeit der theoretischen Vernunft, die Spekulation (theôria). ist das Höchste, das Stetigste und Beglückendste, sie ist an sich wertvoll, göttlicher Art (Intellektualismus).


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