§ 69. Die deutsche Mystik des 14. und 15. Jahrhunderts (Eckhart).
Die christliche Mystik ist so alt wie das Christentum selbst. Beweis: das vierte Evangelium und die Offenbarung Johannis, aber auch manche Stellen paulinischer Briefe. Ebenso geht, wie wir bereits sahen, neben der scholastischen Denkweise fast beständig eine von den Kirchenvätern herstammende mystische Nebenströmung her. Wir erinnern nur an die hervorragenden Gestalten des Augustin, Areopagita, Eriugena, Bernhard, der Viktoriner, des Bonaventura und Albert, sowie an die Ansätze, die wir bei Thomas fanden, bis zu Gerson, der Bonaventura mit warmer Verehrung zitiert und daneben an Bernhard und die Viktoriner anknüpft. Die an den Mystizismus sich anlehnenden praktischen Bewegungen, von den ersten Christen an bis zu den Waldensern, Begharden und »Brüdern des freien Geistes«, gehören ins Gebiet der Kirchen-, insbesondere der Ketzergeschichte.
Eine neue, auch philosophisch wichtige Bewegung geht im 14. Jahrhundert von der deutschen Predigt der Dominikaner aus, die nicht bloß durch Verinnerlichung des religiösen Lebens der Reformation mächtig vorgearbeitet, sondern durch die Tiefe ihrer Spekulation noch auf die Philosophie des 19. Jahrhunderts (besonders Schelling) befruchtend eingewirkt hat. Anfänge in dieser Richtung finden sich schon in den Predigten Davids von Augsburg (•1271) und seines berühmten Schülers Berthold von Regensburg. Der eigentliche Begründer der deutschen Mystik aber ist derselbe Mann, in dem sie zugleich sofort ihren Höhepunkt erreicht, nämlich: Meister Eckhart.
Literatur: Hauptausgabe: F. Pfeiffer, Deutsche Mystiker des 14. Jahrh. 2 Bde., Leipzig 1845-57 (mit Einleitungen), 2. bzw. 3. Aufl. Gött. 1907-13.
Hauptwerk: Preger, Gesch. der deutschen Mystik im Mittelalter. 3 Bde. Leipzig 1874-92.
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