§ 8. Unterhaltsformen des patrimonialen Dieners
§ 8. Der patrimoniale Diener kann seinen Unterhalt beziehen
a) durch Versorgung am Tisch des Herrn, –
b) durch (vorwiegend Natural-)Deputate aus Güter-
und Geld-Vorräten des Herrn, –
c) durch Dienstland, –
d) durch appropriierte Renten-, Gebühren- oder Steuer-Einkunftschancen, –
e) durch Lehen.
Die Unterhaltsformen b bis d sollen, wenn sie in einem nach Umfang (b und c) oder Sprengel (d) traditionalen Ausmaß stets neu vergeben und individuell, aber nicht erblich appropriiert sind, »Pfründen « heißen, die Existenz einer Ausstattung des Verwaltungsstabes prinzipiell in dieser Form: Präbendalismus. Dabei kann ein Aufrücken nach Alter oder bestimmten objektiv bemeßbaren Leistungen bestehen und es kann die ständische Qualifikation und also: Standes ehre gefordert werden (s. über den Begriff des »Standes« Kap. IV).
Lehen sollen appropriierte Herrengewalten heißen, wenn sie kraft Kontrakts an individuell Qualifizierte primär vergeben werden und die gegenseitigen Rechte und Pflichten primär an konventionalen ständischen, und zwar: militaristischen Ehrbegriffen orientiert werden. Das Bestehen eines primär mit Lehen ausgestatteten Verwaltungsstabes soll Lehensfeudalismus heißen.
Lehen und Militär-Pfründe gehen oft bis zur Ununterscheidbarkeit ineinander über. (Darüber die Erörterung des »Standes« Kap. IV.)
In den Fällen d und e, zuweilen auch im Fall c, bestreitet der appropriierte Inhaber der Herrengewalten die Kosten der Verwaltung, eventuell: Equipierung, in der schon angegebenen Art, aus den Mitteln der Pfründe bzw. des Lehens. Seine eigene Herrschaftsbeziehung zu den Untertanen kann dann patrimonialen Charakter annehmen (also: vererblich, veräußerlich, erbteilbar werden).
1. Die Versorgung am Tisch des Herrn oder nach dessen freiem Ermessen aus seinen Vorräten war sowohl bei fürstlichen Dienern wie Hausbeamten, Priestern und allen Arten von patrimonialen (z.B. grundherrlichen) Bediensteten das Primäre. Das »Männerhaus«, die älteste Form der militärischen Berufsorganisation (wovon später gesondert zu reden sein wird) hatte sehr oft den Charakter des herrschaftlichen Konsumhaushalts- Kommunismus. Abschichtung vom Herren- (oder: Tempel- und Kathedral-)Tisch und Ersatz dieser unmittelbaren Versorgung durch Deputate oder Dienstland ist keineswegs stets als erstrebenswert angesehen worden, war aber bei eigener Familiengründung die Regel. Naturaldeputate der abgeschichteten Tempelpriester und Beamten waren im ganzen vorderasiatischen Orient die ursprüngliche Form der Beamtenversorgung und bestanden ebenso in China, Indien und vielfach im Okzident. Dienstland findet sich gegen Leistung von Militärdiensten im ganzen Orient seit der frühen Antike, ebenso im deutschen Mittelalter als Versorgung der ministerialen und hofrechtlichen Haus- und anderen Beamten. Die Einkünfte der türkischen Sipahi ebenso wie der japanischen Samurai und zahlreicher ähnlicher orientalischer Ministerialen und Ritter sind – in unserer Terminologie – »Pfründen«, nicht Lehen, wie später zu erörtern sein wird. Sie können sowohl auf bestimmte Landrenten, wie auf Steuereinkünfte von Bezirken angewiesen sein. Im letzteren Fall sind sie nicht notwendig, wohl aber der allgemeinen Tendenz nach, mit Appropriation von Herrengewalten in diesen Bezirken verbunden oder ziehen diese nach sich. Der Begriff des »Lehens« kann erst im Zusammenhang mit dem Begriff des »Staats« näher erörtert werden. Sein Gegenstand können sowohl grundherrliches Land (also eine Patrimonialherrschaft), wie die verschiedensten Arten von Renten- und Gebühren-Chancen sein.
2. Appropriierte Renten-, Gebühren- und Steuer- Einkunftschancen finden sich als Pfründen und Lehen aller Art weit verbreitet, als selbständige Form und in hoch entwickelter Weise besonders in Indien: Vergebung von Einkünften gegen Gestellung von Heereskontingenten und Zahlung der Verwaltungskosten.