Correggio



- San Paolo zu Parma: Refektorium


Im Jahre 1518 wurde Correggio nach Parma berufen, um in dem Nonnenkloster S. Paolo im Auftrag der Äbtissin Donna Giovanna da Piacenza Wand und Decke des Refektoriums mit Gemälden zu schmücken. Er stellte darin jene bekannten, erst in neuerer Zeit wieder aufgedeckten Szenen aus der antiken Mythologie dar, die zu seinen schönstem Arbeiten gehören.* An der Hauptwand erblickt man die Diana, welche strahlend im Glanze vollkommenster Jugend, deren Reize eine leichte Bekleidung nur wenig verhüllt, auf einem von weißen Hindinnen gezogenen Wagen von der Jagd zurückkehrt; die Decke des Saals wölbt sich zur Laubtrotte mit 16 ovalen Öffnungen, in welchen die anmutsvollsten Gruppen reizender Genien im süßen, holden Spiele sich mit Attributen der Jagd beschäftigen, schäkern, einander liebkosen oder Früchte von den Rändern der Laube pflücken. Die darunter befindlichen 61 Lunetten sind grau in grau gemalt, und nach der Angabe des berühmten Gelehrten Giorgio Anselmi, der eine Tochter im Kloster hatte, mit anderen mythischen Vorstellungen, den Grazien, der Fortuna, den Parzen u.s.w. ausgefüllt (gest. von Rosaspina, v. Toschi, die Dekorationen koloriert herausgeg. v. Gruner). Die Auswahl dieser für ein Nonnenkloster gewiss seltsam erscheinenden Bilder wird aus dem Umstände erklärlich, dass die Nonnen in Italien damals in grosser Freiheit, ohne Klausur, und die Äbtissinnen unabhängig vom Bischof und oft in fürstlicher Pracht lebten. 1524 wurden jedoch die Nonnen von S. Paolo zur Wiedereinführung der Klausur genötigt, und jene Werke Correggio's blieben bis gegen Ende des vorigen Jahrh. dem Auge der Welt verborgen. — In diesen Gemälden liegt der Ursprung jenes unerschöpflichen, aufs Mannigfachste variierten Themas von Bildern, in denen Correggio die Schönheit und Zartheit weiblicher Körperformen und das Entzücken sinnlicher Lust, in die Zauber seines Helldunkels gehüllt, dieses Lichts in geheimnissvoller Dämmerung, zum Gegenstand der Darstellung macht.

Im Herbste des Jahres 1519 kehrte er nach vollendeter Arbeit, und nachdem er noch eine kleine Kuppel im Kloster S. Giovanni mit einem Freskogemälde, den heil. Benedikt, der in einer Glorie von Engeln zum Himmel schwebt, darstellend, geschmückt, wieder nach Correggio zurück, malte hier eine Madonna, die das Kind säugt, das nach den ihm von einem Engel dargereichten Früchten greift (gest. v. J. Spierre), in der Esterhazy'schen Galerie zu Wien, verzierte das Gewölbe einer Nische der Abtei von Torchiara mit einer gemalten Laube, deren Früchte von den anmutigsten Kindergestalten, ähnlich denen im Refektorium von S. Paolo zu Parma, geplündert werden, führte ferner eine Madonna mit dem Kinde und den Protektoren der Stadt Parma, welche später in den Besitz des Fürsten Melzi kam, eine Madonna mit dem Kinde und der heil. Magdalena und heil. Lucia, und den Wettstreit zwischen dem Apollo und Marsyas mit den Folgen desselben (gestochen v. G. Sanuto im J. 1562), eine Tafel, die ursprünglich als Deckel eines Klaviers gedient hatte, jetzt als Gemälde in dem Palazzo del Duca Litta in Mailand aufgestellt ist, und eine das göttliche Kind anbetende Madonna (in der Tribüne der Uffizien zu Florenz), ein Bild von äußerst poetischer Wirkung des Lichts und des Helldunkels, aus. (Öfters wiederholt und kopiert, gestochen v. Delignon). In demselben Jahre noch verheiratete eiserne Schwester Katharina, steuerte sie mit einem ziemlich bedeutenden Kapital aus und machte ihr das herrliche Bild: die Vermählung der heil. Katharina, zum Geschenk. Correggio hat diesen Gegenstand, in dem er so recht seine Eigentümlichkeit auf die liebenswürdigste Weise ausprägen konnte, oftmals wiederholt. Das vorzüglichste Bild dieser Art, zur Zeit des Vasari im Besitz des Dr. Grillenzoni, eines Freundes von Correggio, später in dem des Kardinals Mazarin und nach dessen Tod an das Kabinet des Königs von Frankreich verkauft, ist im Louvre zu Paris (gest. v. Etienne Picard). Wiederholungen davon finden sich (etwas verändert) in den Studj zu Neapel (gest. v. Feising), in der Eremitage zu S. Petersburg (für Madonna Matilde d'Este gemalt mit der Jahrsz. 1517), eine dritte war noch im J. 1853 auf dem Monte di Pietà zu Rom dem Verkauf ausgestellt. Dieses Gemälde, auf dem das auf dem Schosse der Maria sitzende Christuskind, einer Vision zufolge, sich in Gegenwart des heil. Sebastian mit der heil. Katharina durch den Ring vermählt, teilt dem Beschauer nicht jene vom Gegenstand des Gott sich weihenden jungfräulichen Herzens gebotene, und von einer reinen, geistigen Auffassung und analogen Behandlung zu erwartende, höhere, geläuterte Stimmung mit, aber Correggio wusste auf andere Weise, durch das darin in vollendetster Zartheit und Anmut der Ausführung und in wunderbarer Harmonie der Farben zur Darstellung gebrachte, geistig erregte, wonnevollste Sinnenleben gewaltig zu ergreifen. Derselben Zeit wird sein Christus am Ölberg zugeschrieben. Früher im Besitze der Könige von Spanien, nach der Schlacht von Vittoria in die Sammlung des Herzogs von Wellington zu London übergegangen (gestochen von Volpato, nach einer Zeichnung von Raph. Mengs). Eine Kopie davon, früher für das Original gehalten, aus der Angerstein'schen Sammlung, befindet sich in der Nationalgalerie zu London, eine andere in der Eremitage zu Petersburg (gest. v. Moitte und v. B. Corti). In diesem Bilde sieht man das Ringen im äußersten Seelenschmerz, zugleich mit der ehrerbietigsten Ergebung in den göttlichen Willen in der Gestalt des Erlösers, das innigste Mitleid, wunderbar fein mit der höchsten Verehrung gepaart, in der Figur des Engels, auf die tiefste, edelste und poetischste Weise und in der geistreichsten Vollendung, Tiefe und Glut der Farbe ausgedrückt. Die Beleuchtung geht von der Gestalt des Erlösers aus, der mit dem über ihm schwebenden Engel in hellem Glänze erscheint, während die schlafenden Jünger, so wie die mit Judas herannahende Schaar ganz in Dunkel gehüllt sind, über das im Hintergrund allmählich die Morgendämmerung hereinzubrechen beginnt. Im nämlichen Jahre soll Correggio auch noch: Christus, der Maria Magdalena im Garten erscheinend, ein sog. Noli me tangere, gemalt haben, eine Darstellung voll Feinheit des Ausdrucks und von wunderbar harmonischer Haltung (früher im Besitz des Kard. Aldobrandini, dann an den March. Ludovisi, und zuletzt nach Spanien verkauft, wo es sich noch jetzt im Museum zu Madrid befindet).

 

* Abgebildet in den Denkmälern der Kunst. Atlas zu Kuglers Handb. der Kunstgesch. Taf. 75, Fig. 8-10. 

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