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Programm eines proletarischen Kindertheaters

Vorbemerkung

Jede proletarische Bewegung, die einmal dem Schema der parlamentarischen Diskussion entronnen ist, sieht unter den vielen Kräften, denen sie plötzlich unvorbereitet gegenübersteht, als die allerstärkste aber auch allergefährlichste vor sich die neue Generation. Die Selbstsicherheit des parlamentarischen Stumpfsinns kommt gerade daher, daß die Erwachsenen unter sich bleiben. Über Kinder dagegen haben Phrasen gar keine Gewalt. In einem Jahre kann man erreichen, daß im ganzen Lande die Kinder sie nachsprechen. Die Frage ist aber, wie man es erreicht, daß in zehn oder zwanzig Jahren nach dem Parteiprogramm gehandelt wird. Und dazu vermögen Phrasen nicht das mindeste.

Die proletarische Erziehung muß vom Parteiprogramm, genauer: aus dem Klassenbewußtsein, aufgebaut sein. Aber das Parteiprogramm ist kein Instrument einer klassenbewußten Kindererziehung, weil die an sich höchst wichtige Ideologie das Kind nur als Phrase erreicht. Wir fragen ganz einfach, aber wir werden auch nicht aufhören zu fragen, nach den Instrumenten der klassenbewußten Erziehung proletarischer Kinder. Dabei werden wir vom wissenschaftlichen Unterricht im folgenden absehen, weil viel früher als Kinder (in Technik, Klassengeschichte, Beredsamkeit etc.) proletarisch gelehrt werden können, sie proletarisch erzogen werden müssen. Mit dem vierten Lebensjahre beginnen wir.

Die bürgerliche Erziehung der kleineren Kinder ist, der Klassenlage der Bourgeoisie entsprechend, systemlos. Selbstverständlich hat die Bourgeoisie ihr Erziehungssystem. Die Unmenschlichkeit seiner Inhalte verrät sich eben nur darin, daß sie vor dem frühen Kindesalter versagen. Auf dieses Alter kann nur das Wahre produktiv wirken. Von der bürgerlichen Erziehung der kleinen Kinder hat die proletarische zuallererst durch System sich zu unterscheiden. System aber heißt hier Rahmen. Es wäre für das Proletariat ein ganz unerträglicher Zustand, wenn so wie in den Kindergärten der Bourgeoisie alle sechs Monate eine neue Methode mit den neusten psychologischen Raffinements in ihre Pädagogik den Einzug hielt. Überall, und da macht die Pädagogik gar keine Ausnahme, ist das Interesse an der »Methode« eine echt bourgeoise Einstellung, die Ideologie des Weiterwurstelns und der Faulenzerei. Die proletarische Erziehung braucht also unter allen Umständen zuerst einmal einen Rahmen, ein sachliches Gebiet, in dem erzogen wird. Nicht, wie die Bourgeoisie, eine Idee, zu der erzogen wird.

Wir begründen jetzt, warum der Rahmen der proletarischen Erziehung vom vierten bis zum vierzehnten Lebensjahre das proletarische Kindertheater ist.

Die Erziehung des Kindes erfordert: es muß sein ganzes Leben ergriffen werden.

Die proletarische Erziehung erfordert: es muß in einem begrenzten Gebiet erzogen werden.

Das ist die positive Dialektik der Frage. Weil nun das ganze Leben in seiner unabsehbaren Fülle gerahmt und als Gebiet einzig und allein auf dem Theater erscheint, darum ist das proletarische Kindertheater für das proletarische Kind der dialektisch bestimmte Ort der Erziehung.