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Chlorkalk

Chlorkalk (Calcaria chlorinica s. chlorata, Calcaria oxymuriatica). Er ist ein vorzügliches desinfizierendes, Luft reinigendes Mittel, und wird auch in der Technik (auf Bleichereien, in Branntweinbrennereien zur Entfuselung des Branntweins etc.) vielfach benutzt. Er wird bereitet, indem man Chlorgas, — gewonnen aus Braunstein und Kochsalz — in frisch gelöschten Kalk leitet. In Wohn- und Schlafzimmern, worin die Luft durch verweste organische Stoffe, Leichname, krepierte Tiere verdorben, in Hospitälern, wo der ansteckende Krankheitsstoff des Fleckfiebers, Scharlachfiebers, der bösartigen Blattern, Hospitalbrand, in Gebärhäusern, wo das ansteckende Kindbetterinnenfieber herrscht, ist nichts besser, als der Chlorkalk (1 Teil in 24 Teilen Wasser gemischt und umgerührt angewendet). Der scheußlichste Geruch der Fäulnis von Leichen, Kloaken, Abtritten, Nachtgeschirren etc. verschwindet augenblicklich darnach. Man besprengt den Fußboden (bei Sektionen die stinkende Leiche) der Zimmer damit, befeuchtet große Handtücher mit der Auflösung und hängt sie in den Zimmern, worin sich Ansteckungsstoffe und üble Gerüche befinden, auf, und wiederholt dieses, so oft sie trocken werden. Dieses Verfahren greift nicht die Lungen der Kranken, wie die Chlorräucherungen an. Letztere (Fumigationes oxymuriaticae) wurden von Guyton-Morveau im Jahre 1773 als Präservativ des Scharlachs, des Typhus, zur Desinfektion lebloser verdächtiger Gegenstände empfohlen. Sie haben Tausenden von Menschen, zumal im Kriege, das Leben gerettet; ihre Bereitung ist diese:

Nr. 59. Nimm: Braunstein (Manganesium), vier Lot, Kochsalz, zwölf Lot, pulverisiere und mische beide, tue sie in ein Porzellangefäß, setze dies auf Kohlenfeuer oder eine Spirituslampe, und tröpfle allmählich darauf eine Mischung aus acht Lot roher Schwefelsäure, und eben so viel destilliertem oder Regenwasser. Man rühre das Ganze oft mit einem Glasstabe um, und hüte sich vor Einatmung der Chlordämpfe. Die Hälfte der angegebenen Portion reicht für einen Krankensaal von 80 — 90 Betten aus. Die Säle und Zimmer müssen leer von Kranken und von allen überflüssigen Personen, Möbeln und Sachen sein, nach dem Räuchern durch Öffnen der Fenster und Türen gelüftet, auch mit Kalk die Wände frisch übertüncht und die Fussböden gescheuert werden, um Ansteckungsstoffe (bei Typhus, Hospitalbrand etc.) gründlich zu vertilgen.

Zum Bleichen der durch Tabaksrauch gelbgewordenen Zähne empfiehlt Magendie folgendes Zahnpulver:

Nr. 60. Nimm: Chlorkalk, ein Quäntchen, rote Korallen, fünf Quäntchen. Es wird Alles fein pulverisiert und alsdann werden damit täglich einmal die Zähne mittelst einer neuen, etwas angefeuchteten Zahnbürste geputzt.

Gegen nicht aufgebrochene Frostbeulen ist eine Salbe von ein Quäntchen Borax, eben so viel Chlorkalk und zwei Lot Schweinefett zu empfehlen. Gegen Kopfgrind lobt Trusen ein Quäntchen Chlorkalk, aufgelöst in vier Lot Rosenwasser. Nachdem die Flüssigkeit einige Stunden ruhig gestanden, klärt man dieselbe, so weit sie nicht weiß und trübe ist, vorsichtig ab und setzt vier Lot süßes Mandelöl hinzu; man wendet, Alles wohl umgeschüttelt, mittelst eines Pinsels an den grindigen Stellen, die man damit dick bestreicht, an. Dies geschieht täglich einmal. Dicke Borken entfernt man vorher durch laues Seifenwasser und Einreiben mit Öl.

Das famose Knoxpulver, welches die Engländer mit großem Vertrauen als Präservativ gegen venerische Ansteckung, sowohl kurz ante, als bald post coitum anwenden, besteht aus sechs Lot Chlorkalk und acht Quäntchen Küchensalz. Man löset zwei bis vier Lot davon in einem großen Glas Wasser auf und gebraucht die Lösung als Waschmittel.

Gegen den üblen Mundgeruch oder stinkenden Atem, welcher oft vom Knochenfraß der Zähne, noch öfterer von Krankheit der Schleimhaut in der Nase und im Schlünde, zuweilen auch von verdorbenem Magen herrührt, ist ein Gurgelwasser von zwei Quäntchen Chlorkalk, in sechs Unzen Wasser gelöst, alsdann abgeklärt und eine Unze Rosenhonig zugesetzt, sehr wirksam. Bei verdorbenem Magen muss ein Brechmittel vorhergehen.

Der Dr. Ozanam versichert, dass in einem Bordell zu Lyon, wo die Mädchen auf seinen Rat nach dem Coitus eine schwache Chlorkalkauflösung injiziert hätten, seit dieser Zeit kein einziger Fall von venerischer Ansteckung vorgekommen sei. Es reichen ein Lot Chlorkalk in einem Pfunde destillierten Wasser gelöst, nachher abgeklärt und die Flüssigkeit durchgeseiht, zur Bereitung eines solchen Waschwassers aus. Dieselbe Lösung, mit Kompressen auf faule Beinschäden, stinkende Fußgeschwüre gelegt, benimmt bald den Gestank, reinigt sie, und sie heilen alsdann bald. Auch gegen Flechten lobt Neumann ein halbes Quäntchen Chlorkalk, ein Lot präparierte Holzkohle und so viel Wasser, dass es ein flüssiger Brei wird, wovon umgeschüttelt täglich dreimal etwas auf den leidenden Teil aufgetragen werden muss.