Wie man deutsche Sänger behandelt,
da hört sich alles auf
»Aus Künstlerkreisen kommt uns folgende Mitteilung zu: Bekanntlich nimmt der Wiener Männergesangverein Ende Juli d. J. an dem deutschen Sängerfest in Nürnberg teil. Aus diesem Anlaß sind große Festlichkeiten in Nürnberg geplant und ist auch in Aussicht genommen, dass sehr viele Mitglieder des Wiener Männergesangvereines in Nürnberg erscheinen werden. In einem kleinen Kreise ist nun der Gedanke aufgetaucht, den Aufenthalt in Nürnberg zu einem Ausflug nach Bayreuth zu benützen, dort eventuell im Festspielhaus ein Konzert zu veranstalten und an den Gräbern von Richard Wagner und Franz Liszt Kundgebungen der Wiener Sängerschar zu veranlassen. Es sollen auch vertrauliche Verhandlungen mit der Familie Richard Wagner in Bayreuth gepflogen worden sein. Über das Resultat wird tiefes Stillschweigen gewahrt, doch scheint es, dass irgend ein Zwischenfall eingetreten sein muß, denn die Reise nach Bayreuth wurde fallen gelassen. Dieser Vorfall bildet in Sängerkreisen den Gegenstand lebhafter Diskussion.«
Depeschenwechsel zwischen Wien und Bayreuth: »Därf i's Dirndl liab'n« (Drahtantwort bezahlt). »Nein«. — Sie scheinen — meinte der Rechnungsrat Hieferschwanzl (Tenor) — kein Gemüt nicht zu haben dort in Bayreuth. Sie scheinen — versetzte der Bezirksausschuß Kruspelspitz (Bariton) — sich auf ein Ständchen nicht einlassen zu wollen dort die Leut'. Sie scheinen — beruhigte der Privatier Beuschl (Baßbariton) — Überhaupts unmusikalisch zu sein!
Februar, 1912.