II. [Erster Grund gegen das Zeichengeld: die Geld-Waren-Relationen, die den Eigenwert des Geldes überflüssig machen würden, nicht genau erkennbar; sein Eigenwert als Ergänzung dieser Unzulänglichkeit]
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Noch unmittelbarer als die so widerlegte Meinung von der Wertlosigkeit des Geldstoffes will auch die folgende uns glauben machen, daß das Geld kein Wert sein kann. Denkt man sich eine absolut mächtige Persönlichkeit, der innerhalb eines bestimmten Kreises despotisches Verfügungsrecht über alles zustünde, worauf ihr Wunsch sich richtet - wie man von Häuptlingen in der Südsee sagt, daß sie »nicht stehlen können«, weil ihnen von vornherein alles gehört -, so würde ein solches Wesen niemals Veranlassung haben, sich auch das Geld dieses Kreises anzueignen, da es ja alles dessen, was es für Geld haben könnte, sich auch ohnedies unmittelbar bemächtigen darf. Wäre das Geld ein Wert, der zu den sonst vorhandenen Werten hinzukäme, so würde sich sein Wunsch darauf so gut wie auf diese anderen richten können. Geschieht das nun in dem hier fingierten Fall einleuchtenderweise nicht, so scheint zu folgen, daß das Geld wirklich nur eine reine Vertretung realer Werte ist, deren es deshalb nicht mehr bedarf, sobald uns eben diese auch ohne jenes zugängig sind. Dieser einfache Gedanke setzt indes voraus, was er beweisen will: daß das Geldsubstrat keinen eigenen, neben seiner Geldfunktion noch gültigen Wert habe. Denn hätte es einen solchen, so könnte es auch von jenem Machthaber begehrt werden, freilich nicht um seiner Bedeutung als Geld, sondern um seines anderweitigen, nämlich substanziellen Wertes willen. Fehlt dagegen dieser Wert von vornherein, so braucht sein Fehlen nicht nochmals bewiesen zu werden. Über diese logische Unzulänglichkeit hinaus macht aber der Fall allerdings die eigentümliche Wertart des Geldes klar. Den Wert, den das Geld als solches besitzt, hat es als Tauschmittel erworben; wo es also nichts zu tauschen gibt, hat es auch keinen Wert. Denn ersichtlich steht seine Bedeutung als Aufbewahrungs- und Transportmittel nicht in derselben Linie, sondern ist ein Derivat seiner Tauschfunktion, ohne welche es jene anderen Funktionen niemals üben könnte, während sie selbst von diesen unabhängig ist. Sowenig für denjenigen, dem aus irgendeinem Grunde die für Geld erlangbaren Güter wertlos sind, das Geld noch einen Wert hat, so wenig für denjenigen, der kein Geld braucht, um jene zu erlangen. Kurz, das Geld ist Ausdruck und Mittel der Beziehung, des Aufeinanderangewiesenseins der Menschen, ihrer Relativität, die die Befriedigung der Wünsche des einen immer vom anderen wechselseitig abhängen läßt: es findet also da keinen Platz, wo gar keine Relativität stattfindet sei es, weil man von den Menschen überhaupt nichts mehr begehrt, sei es, weil man in absoluter Höhe über ihnen - also gleichsam in keiner Relation zu ihnen - steht und die Befriedigung jedes Begehrens ohne Gegenleistung erlangen kann. So angesehen verhielte sich die Welt des Geldes zu der der konkreten Werte wie Denken und Ausdehnung bei Spinoza: eine kann überhaupt nicht in die andere eingreifen, weil jede schon für sich und in ihrer Sprache die ganze Welt ausdrückt; d.h. die Summe der Werte überhaupt besteht nicht aus der Summe der Werte der Dinge plus der Summe des Wertes des Geldes, sondern es besteht ein gewisses Wertquantum, das einerseits in jener Form, andrerseits in dieser realisiert ist.
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