Klima Irlands

 

Das Klima Irlands wird bestimmt durch seine Lage. Der Golfstrom und die vorherrschenden Südwestwinde führen ihm Wärme zu und bedingen milde Winter und frische Sommer. Im Südwesten dauert der Sommer bis tief in den Oktober hinein, der hier nach Wakefield (I, p. 221) vorzugsweise als Monat des Seebades gilt. Frost ist selten und von kurzer Dauer, Schnee bleibt in der Ebene fast nie liegen. An den nach Südwesten offenen, nach Norden geschützten Buchten von Kerry und Cork herrscht den ganzen Winter durch Frühlingswetter; dort und an manchen andern Stellen gedeiht die Myrte im Freien (Wakefield führt ein Beispiel an, wo sie auf einem Landsitz zu Bäumen von 16 Fuß Höhe heranwuchs und zu Stallbesen verwandt wurde, I, p. 55), und Lorbeer, Arbutus und andre immergrüne Pflanzen wachsen zu hohen Bäumen empor. Noch zu Wakefields Zeiten ließen im Süden die Bauern ihre Kartoffeln den ganzen Winter durch im Freien, ohne daß sie ihnen seit 1740 je verfroren wären. Dagegen erleidet Irland auch den ersten heftigen Niederschlag der schweren atlantischen Regenwolken. Die durchschnittliche Regenmenge von Irland beträgt mindestens 35 Zoll, bedeutend mehr als der Durchschnitt von England, doch sicher weniger als der Durchschnitt von Lancashire und Cheshire und kaum mehr als der von ganz Westengland. Trotzdem ist das Klima Irlands entschieden angenehmer als das englische. Der bleierne Himmel, der in England so oft tagelang ununterbrochen forttröpfelt, wird dort meist ersetzt durch einen kontinentalen Aprilhimmel; die frischen Seewinde treiben die Wolken rasch und unerwartet herbei, aber auch ebenso rasch wieder vorüber, wenn sie nicht sofort in scharfen Schauern herabkommen. Und selbst tagelangen Regen, wie er im Spätherbst vorkommt, hat nicht den chronischen Anstrich wie in England. Das Wetter, wie die Bewohner, hat einen akuteren Charakter, es bewegt sich in schärferen, unvermittelteren Gegensätzen; der Himmel ist wie ein irisches Frauengesicht, Regen und Sonnenschein folgen sich auch da plötzlich und unerwartet, aber für die graue englische Langweile ist kein Platz.

Den ältesten Bericht über das irische Klima gibt uns der Römer Pomponius Mela ("De situ orbis") im ersten Jahrhundert unsrer Zeitrechnung wie folgt:

"Jenseits Britanniens liegt Juverna, ihm an Ausdehnung beinahe gleich, aber sonst ihm ähnlich; von länglicher Gestalt, von einem dem Reifen der Saaten ungünstigen Himmel; dafür aber strotzt es von üppigem und süßem Gras, so daß ein gar kleiner Teil des Tages genügt, damit das Vieh sich sättige, und wenn man es nicht von der Weide fortnimmt, so birst es vom übermaßigen Fressen."

"Coeli ad maturanda semina iniqui, verum adeo luxuriosa herbis non laetis modo sed etiam dulcibus!" In modernes Englisch übersetzt, finden wir diese Stelle unter andern bei Herrn Goldwin Smith, Professor der Geschichte weiland in Oxford und jetzt in Cornell University, Amerika. Er erzählt uns, es sei schwer, in einem großen Teil von Irland eine Weizenernte einzuheimsen, und fährt fort:"Irlands natürlicher Weg zu kommerzieller Prosperität scheint der zu sein, mit den Produkten seiner Weiden, mit Vieh, Butter usw., die Bevölkerung Englands zu versorgen."11)

Von Mela bis auf Goldwin Smith und bis heute, wie oft ist die Behauptung wiederholt worden - seit 1846 namentlich von dem lärmenden Chor der irischen Grundbesitzer -, daß Irland durch sein Klima verurteilt sei, nicht Irländer mit Brot, sondern Engländer mit Fleisch und Butter zu versorgen, und daß deshalb die Bestimmung des irischen Volks sei, über den Ozean gebracht zu werden, damit Raum werde in Irland für Kühe und Schafe!

Man sieht, die Feststellung des Tatbestands über das irische Klima ist die Lösung einer politischen Tagesfrage. Und zwar geht uns hier das Klima nur insofern an, als es für den Ackerbau von Bedeutung ist. Die Beobachtungen regenmessender Naturforscher sind bei dem jetzigen lückenhaften Stand der Beobachtungen für unsern Zweck nur von sekundärem Wert; es kommt nicht sowohl darauf an, wieviel Regen fällt, sondern weit mehr, wie und wann er fällt. Die Urteile der Agronomen fallen hier vor allem ins Gewicht.

Arthur Young hält Irland für entschieden feuchter als England; daher komme die erstaunliche Neigung des Bodens, Gras zu produzieren. Er spricht von Fällen, wo Rüben- und Stoppelland, ungepflügt gelassen, den nächsten Sommer eine reichliche Heuernte gab, Dinge, wovon in England kein Beispiel vorkommt. Er erwähnt ferner, daß der irische Weizen viel leichter ist als der trocknerer Länder; die Felder sind voll Gras und Unkraut selbst unter der besten Kultur, und die Ernten sind so naß und so mühsam einzubringen, daß der Ertrag sehr darunter leidet (Young, "Tour", II, p. 100).

Gleichzeitig aber macht er darauf aufmerksam, daß der Boden in Irland dieser Feuchtigkeit des Klimas entgegenwirkt. Der Boden ist überall steinig und läßt daher Wasser leichter durch.

"Zäher, steiniger, fester Lehm (loam), schwer zu bearbeiten, ist in Irland nicht ungewöhnlich, aber er ist ganz verschieden vom englischen Klei (clay). Wenn so viel Regen fiele auf den Klei Englands (eine Bodenart, die in Irland selten und nie ohne viel Steine vorkommt) wie auf die Felsen der Schwesterinsel, so könnten diese Striche nicht bebaut werden. Hier aber sind die Felsen mit Grün bekleidet, und wo sie aus Kalk bestehen, tragen sie auf einer nur dünnen Schicht Humus den weichsten und schönsten Rasen der Welt." (II, 2. Abt., p. 3, 4.)

Der Kalkfels ist bekanntlich überall voller Risse und Spalten, die das überflüssige Wasser rasch durchlassen.

 


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