Schlacht von Clontarf


Die Nordmänner, die sich in Irland niedergelassen hatten und von denen Leinster abhängig war (der König von Leinster, Maolmordha, war 999 durch ihre Hilfe auf den Thron gekommen und seitdem durch sie darauf erhalten worden), sandten in Voraussicht des bevorstehenden Entscheidungskampfs Boten aus nach den Süderinseln und Orkneys, nach Dänemark und Norwegen, um Zuzug zu bewirken, der auch reichlich ankam. Die "Niâlssaga" erzählt, wie Jarl Sigurd Laudrisson sich auf den Orkneys zum Auszug rüstete, wie Thorstein Siduhallsson, Hrafn der Rote und Erlinger von Straumey mit ihm fuhren, wie er am Palmsonntag mit allem seinen Heer nach Dublin (Durflin) kam:

"Da war auch gekommen Brodhir mit allem seinen Heer. Brodhir erprobte durch Zauberei, wie der Kampf gehen würde, und so ging die Antwort: wenn am Freitag gefochten würde, daß Brian der König fallen werde und den Sieg haben; und wenn früher gefochten würde, so würden alle fallen, die gegen ihn wären; da sagte Brodhir, daß nicht eher gekämpft werden sollte als am Freitag."

Über die Schlacht selbst liegen uns zwei Versionen vor, die der irischen Annalen und die skandinavische der "Niâlssaga". Nach dieser letzteren

"kam König Brian mit all seinem Heer gegen die Burg" (Dublin); "am Freitag fuhr das Heer" (die Nordmänner) "heraus aus der Burg, und beide Heere wurden geordnet. Brodhir war in einem Heerflügel, und König Sigtrygg" (nach den "Ann[alen] Inisfall[en]" der König der Dubliner Nordmänner) "war im andern. Nun ist zu sagen von König Brian, daß er am Freitag nicht schlagen wollte, und es war aufgeschlagen um ihn eine Schildburg, und sein Heer war davor aufgestellt. Ulf Hraeda war in dem Flügel, dem Brodhir gegenüberstand; und in dem andern Flügel war Ospak und seine Söhne, da wo Sigtrygg gegenüberstand; und im Zentrum war Kerthialfadh und wurde vor ihm die Fahne getragen."

Als der Kampf losging, wurde Brodhir von Ulf Hraeda in einen Wald gejagt, wo er Schutz fand; Jarl Sigurd hatte harten Stand gegen Kerthialfadh, der bis zur Fahne drang und den Fahnenträger erschlug sowie den nächsten, der die Fahne ergriff; da weigerten sich alle, die Fahne zu tragen, und Jarl Sigurd nahm die Fahne von der Stange und verbarg sie zwischen seinen Kleidern. Bald darauf wurde er von einem Speer durchschossen, und damit scheint auch sein Heerhaufe geschlagen. Inzwischen war Ospak den Nordmännern in den Rücken gefallen und warf Sigtryggs Heerflügel nach hartem Kampf.

"Da ging die Flucht los in allen Scharen, Thorstein Siduhallsson machte halt, als die andern flohen, und band seinen Schuhriemen; da fragte ihn Kerthialfadh, warum er nicht liefe wie die andern? Da sagte Thorstein: 'Oh, ich komme doch heut abend nicht heim, ich bin zu Hause draußen in Island.' Und Kerthialfadh gab ihm Frieden."

Brodhir sah nun aus seinem Versteck, daß Brians Heer die Fliehenden verfolgte und daß wenige Leute bei der Schildburg geblieben waren. Da lief er aus dem Walde, brach durch die Schildburg und erschlug den König (Brian, 88 Jahre alt, war selbstredend nicht mehr imstande, sich am Kampf zu beteiligen, und war im Lager geblieben).

"Da rief Brodhir laut: 'Das kann jetzt Mann dem Manne erzählen, daß Brodhir Brian gefällt hat.'"

Aber die Verfolger kehrten zurück, umzingelten Brodhir und griffen ihn lebendig.

"Ulf Hraeda schnitt ihm den Bauch auf und führte ihn um eine Eiche und wickelte so seine Därme aus ihm heraus um den Baumstamm und starb er nicht, bis sie alle aus ihm herausgehaspelt waren, und Brodhirs Leute wurden alle erschlagen."

Nach den "Annalen von Inisfallen" war das nordmännische Heer in drei Haufen geteilt, der erste bestand aus den Dubliner Nordmännern nebst 1.000 norwegischen Zuzüglern, die alle in langen Panzerhemden geharnischt waren; der zweite aus den irischen Hilfstruppen von Leinster unter König Maolmordha; der dritte aus dem Zuzug von den Inseln und Skandinavien unter Bruadhair, dem Chef der Flotte, die sie hergetragen, und Lodar, dem Jarl der Orkneys. Diesen gegenüber formierte Brian sein Heer ebenfalls in drei Haufen; die Namen der Führer stimmen aber nicht mit denen der "Niâlssaga". Der Schlachtbericht selbst ist unbedeutend; kürzer und klarer ist der der "Vier Magister", welcher hier folgt:

"A.D. 1013" (steht infolge eines konstanten Fehlers für 1014). "Die Ausländer von ganz Westeuropa versammelten sich gegen Brian und Maelseachlainn" (gewohnlich Malachy genannt, König von Meath unter Brians Oberhoheit), "und sie nahmen mit sich zehnhundert Mann in Panzerhemden. Eine heftige, wütende, gewaltige und böse Schlacht wurde zwischen ihnen gefochten, derengleichen nicht gefunden wurde in jener Zeit, zu Cluaintarbh" (Ochsenwiese, jetzt Clontarf) "gerade auf den Freitag vor Ostern. In dieser Schlacht wurden erschlagen Brian, 88 Jahre alt, Murchadh, sein Sohn, 63 Jahre alt, Conaing, sein Neffe, Toirdhealbhach, sein Enkel, ..." (folgen eine Menge Namen). "Die" (feindlichen) "Truppen wurden endlich geworfen von der Tulcainn bis Athcliath" (Dublin) "durch Maelseachlainn, durch heftigen Kampf, Tapferkeit und Dreinschlagen auf die Fremden und Leinsterleute; und da fiel Maelmordha, Sohn Murchadhs, des Sohnes Finns, König von Leinster, ... und es waren außerdem noch ungezählte Tote unter denen von Leinster. Auch wurden erschlagen Dubhgall, Sohn Amhlanibhs" (gewöhnlich Anlaf oder Olaf genannt) "und Cillaciarain, der Sohn Gluniairns, zwei Unterführer (tanaisi) der Fremden, Sichfrith, der Sohn Lodars, Jarl der Orkneys (iarla insi h Oirc), Brodar, Anführer derer von Dänemark, der der Mann war, welcher Brian erschlug. Die zehnhundert Mann in Panzerhemden wurden zusammengehauen, und mindestens 3.000 der Fremden wurden da erschlagen."

Die "Niâlssaga" wurde etwa hundert Jahre nach der Schlacht in Island niedergeschrieben; die irischen Annalen beruhen wenigstens zum Teil auf gleichzeitigen Nachrichten. Beide Quellen sind vollständig unabhängig voneinander, beide stimmen nicht nur in den Hauptsachen, sie ergänzen sich auch gegenseitig. Wer Brodhir und Sigtrygg waren, erfahren wir erst aus den irischen Annalen. Sigurd Laudrisson heißt dort Sichfrith, der Sohn Lodars; Sigfrith ist nämlich die richtige angelsächsische Form des altnordischen Namens Sigurd, und die skandinavischen Namen kommen in Irland auf Münzen sowohl wie in den Annalen - meist nicht in altnordischer, sondern in angelsächsischer Form vor. Die Namen der Unterführer Brians sind in der "Niâlssaga" dem skandinavischen Organ mundgerecht gemacht; der eine, Ulf Hraeda, ist sogar ganz altnordisch, doch wäre es gewagt, wie einige tun, daraus den Schluß zu ziehn, daß auch Brian Nordmänner in seinem Heer gehabt. Ospak und auch Kerthialfadh scheinen keltische Namen; letzterer vielleicht aus dem bei den "IV Mag." genannten Toirdhealbhach entstellt? Das Datum - der Freitag nach Palmsonntag bei den einen, der Freitag vor Ostern bei den andern stimmt genau, ebenso der Ort der Schlacht; obwohl er in der "Niâlssaga" Kantaraburg (sonst = Canterbury) heißt, wird er ausdrücklich dicht vor die Tore von Dublin gelegt. Den Verlauf der Schlacht beschreiben die "IV Mag." am genauesten: Die Nordmänner werden von der Ebene von Clontarf, wo sie Brians Heer angriffen, über die Tolka, einen kleinen Fluß, der dicht vor der Nordseite von Dublin vorbeifließt, nach der Stadt hineingeworfen. Daß Brodhir den König Brian erschlug, wissen beide; die näheren Angaben finden sich nur in der nordischen Quelle.

Man sieht, unsre Nachrichten über diese Schlacht sind in Anbetracht der Barbarei jener Zeit ziemlich ausführlich und authentisch; es wird sich nicht manche Schlacht des 11. Jahrhunderts auffinden lassen, über die wir so bestimmte und [über]einstimmende Berichte von beiden Parteien haben. Das verhinderte den Herrn Professor Goldwin Smith nicht, sie als einen "schattenhaften (shadowy) Konflikt" zu beschreiben. (l.c. p. 48.) Im Kopf des Herrn Professors nehmen die robustesten Tatsachen allerdings sehr häufig eine "schattenhafte" Gestalt an.

Nach der Niederlage von Clontarf werden die nordmännischen Raubzüge seltener und weniger gefährlich; bald kommen die Dubliner Nordmänner unter die Botmäßigkeit der benachbarten irischen Fürsten und verschmelzen in einer oder zwei Generationen mit den Eingeborenen. Als einzige Entschädigung für ihre Verwüstungen lassen die Skandinavier den Iren drei oder vier Städte und die Anfänge eines handeltreibenden Bürgertums zurück.

 

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