Der Tod berührt uns nicht
Nichts geht also der Tod uns an, nichts kann er bedeuten,
Da ja das Wesen des Geistes nunmehr als sterblich erkannt ist.
Wie kein Leid wir litten in jenen vergangenen Zeiten,
Als die Punier kamen mit kampfgerüsteten Heeren,
Als von dem Lärme des Krieges erschüttert der schaudernde Erdball
Unter den hohen Gefilden des himmlischen Äthers erdröhnte,
Als es noch zweifelhaft war, an welche von beiden Nationen
Fiele das Amt zu Wasser und Land ob der Menschheit zu herrschen
So wird dann, wenn wir nicht mehr sind, wenn Körper und Seele
Reinlich sich schieden, die jetzt sich in uns zur Einheit verbanden,
Sicherlich uns, die wir nicht mehr sind, nichts künftig mehr treffen,
Nichts auf der Welt mehr unser Gefühl zu erregen imstand sein,
Selbst wenn das Land mit dem Meer und das Meer mit dem Himmel
sich mischte.
Ja, wenn des Geistes Natur und die Kraft der Seele noch irgend
Etwas empfände, sobald sie aus unserem Körper geschieden,
Geht es uns doch nichts an. Denn wir, wir bestehn ja als Einheit
Nur durch den innigen Bund, den Körper und Seele geschlossen.
Selbst wenn die Zeit nach unserem Tod die gesamten Atome
Unseres Daseins wieder vereinigte so, wie sie jetzt sind,
Und wir das Lebenslicht zum anderen Male erblickten,
Würde auch dieses Ereignis mitnichten uns irgend berühren,
Da an das frühere Leben uns fehlte die Wiedererinnrung.
Wie es uns jetzt nicht berührt, was wir früher einmal sind gewesen:
So trifft nie uns die Angst um unser künftiges Leben.
Wenn du bedenkst, wie unendlich sich dehnt der Vergangenheit ganzer
Zeitraum, ferner wie mannigfach auch die Bewegung des Urstoffs
Sich gestaltet, so kannst du wohl leicht zum Glauben gelangen,
Daß schon früher die Keime, aus denen wir jetzo bestehen,
Oft in derselbigen Ordnung gestanden sind, wie sie auch jetzt stehn.
Doch wir können uns nimmer zurück dies rufen im Geiste,
Da sich dazwischen ergab ein Stillstand unseres Lebens
Und der Atomenstrom von Empfindungen gänzlich sich fern hielt.
Denn wenn es einem vielleicht in der Zukunft schlecht soll ergehen,
Müßt' er doch selbst in eigner Person, der es übel ergehn soll,
Dasein. Da nun der Tod dies aufhebt und die Person nicht
Existieren mehr kann, die Übel zu treffen vermöchten,
Lernt man daraus, daß im Tode wir nichts mehr haben zu fürchten,
Ferner, daß wer nicht lebt, auch niemals elend kann werden,
Ja, daß es grade so ist, als wären wir nimmer geboren,
Wenn der unsterbliche Tod uns das sterbliche Leben genommen.