Raumdimensionen
Ich schalte hier ein, dass ich früher den Gedanken verfolgte, die Trennung des Zeitbegriffs vom Raumbegriff für ebenso zufällig zu nehmen wie die Tatsache, dass der Zeitbegriff in Verbalformen ausgedrückt wird und nicht auch der Raumbegriff. Ich hatte mir das ungefähr so zurecht gelegt, dass die vier Dimensionen gleichwertig seien; man hätte dann z. B. Länge, Breite und Zeitrichtung gemeinsam umfassen und die vierte Dimension nach Höhe und Tiefe abseits behandeln können, wie nach unserem Sprachgebrauch eben die Zeit. Da ich das Geistreichsein als eine überflüssige Spielerei des Menschengeistes betrachte, so werde ich wohl sagen dürfen, dass dieser Gedanke geistreich ist, um so mehr, da ich hinzufüge, er wäre nur scholastisch geistreich, eine Spitzfindigkeit, zu der ich unbewußt den abstrakten Begriff der Dimension mißbraucht hatte. Denn nach unserer unerbittlichen Empfindung und Sprachempfindung gehören die drei Dimensionen des Raums enger zu einander als zu der vierten Dimension, zu der der Zeit. In den drei Dimensionen des Raums muß noch keine Bewegung und Veränderung sein; sie bewegen sich aber als Veränderung gemeinsam in der vierten Dimension, in der Zeit. Es liegt etwas Intransitives im Raum, es liegt etwas Transitives in der Zeit. Jener Gedanke leidet darum an einer Unvorstellbarkeit, die übrigens auch da ein starker Mangel ist, wo die Konstruktionen der neusten Mathematik (mit ihrem Raum von n Dimensionen) zu ähnlichen Spitzfindigkeiten führen. (Man vergleiche dazu, was ich in meinem "Wörterbuch der Philosophie" unter den Schlagworten Raum, II. 284 ff., und Zeit, II. 583 ff., gesagt habe.)