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Ausblick in die Ferne

148.

Ausblick in die Ferne. — Sind nur die Handlungen moralisch, wie man wohl definiert hat, welche um des Anderen willen und nur um seinetwillen getan werden, so gibt es keine moralischen Handlungen! Sind nur die Handlungen moralisch — wie eine andere Definition lautet —, welche in Freiheit des Willens getan werden, so gibt es ebenfalls keine moralischen Handlungen! — Und was ist also Das, was man so nennt und das doch jedenfalls existiert und erklärt sein will? Es sind die Wirkungen einiger intellektueller Fehlgriffe. — Und gesetzt, man machte sich von diesen Irrtümern frei, was würde aus den „moralischen Handlungen“? — Vermöge dieser Irrtümer teilten wir bisher einigen Handlungen einen höheren Wert zu, als sie haben: wir trennten sie von den „egoistischen“ und den „unfreien“ Handlungen ab. Wenn wir sie jetzt diesen wieder zuordnen, wie wir tun müssen, so verringern wir gewiss ihren Wert (ihr Wertgefühl), und zwar unter das billige Maß hinab, weil die „egoistischen“ und „unfreien“ Handlungen bisher zu niedrig geschätzt wurden, auf Grund jener angeblichen tiefsten und innerlichsten Verschiedenheit. — So werden gerade sie von jetzt ab weniger oft getan werden, weil sie von nun an weniger geschätzt werden? — Unvermeidlich! Wenigstens für eine gute Zeit, so lange die Wage des Wertgefühls unter der Reaktion früherer Fehler steht! Aber unsere Gegenrechnung ist die, dass wir den Menschen den guten Mut zu den als egoistisch verschrieenen Handlungen zurückgeben und den Wert derselben wiederherstellen, — wir rauben diesen das böse Gewissen! Und da diese bisher weit die häufigsten waren und in alle Zukunft es sein werden, so nehmen wir dem ganzen Bilde der Handlungen und des Lebens seinen bösen Anschein! Dies ist ein sehr hohes Ergebnis! Wenn der Mensch sich nicht mehr für böse hält, hört er auf, es zu sein!