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Loben und Tadeln

140.

Loben und Tadeln. — Läuft ein Krieg unglücklich aus, so fragt man nach Dem, der „Schuld“ am Kriege sei; geht er siegreich zu Ende, so preist man seinen Urheber. Die Schuld wird überall gesucht, wo ein Misserfolg ist; denn dieser bringt eine Verstimmung mit sich, gegen welche das einzige Heilmittel unwillkürlich angewendet wird: eine neue Erregung des Machtgefühls — und diese findet sich in der Verurteilung des „Schuldigen“. Dieser Schuldige ist nicht etwa der Sündenbock der Schuld Anderer: er ist das Opfer der Schwachen, Gedemütigten, Herabgestimmten, welche irgend woran sich beweisen wollen, dass sie noch Stärke haben. Auch sich selber verurteilen kann ein Mittel sein, nach einer Niederlage sich zum Gefühl der Stärke zu verhelfen. — Dagegen ist die Verherrlichung des Urhebers oftmals das ebenso blinde Ergebnis eines anderen Triebes, der sein Opfer haben will, — und diesmal riecht das Opfer dem Opfertiere selber süß und einladend —: wenn nämlich das Gefühl der Macht in einem Volke, in einer Gesellschaft durch einen großen und bezaubernden Erfolg überfüllt ist und eine Ermüdung am Siege eintritt, so gibt man von seinem Stolze ab; es erhebt sich das Gefühl der Hingebung und sucht sich sein Objekt. — Ob wir getadelt oder gelobt werden, wir sind gewöhnlich dabei die Gelegenheiten, und allzuoft die willkürlich am Schopf gefassten und herbeigeschleppten Gelegenheiten für unsere Nächsten, den in ihnen angeschwollenen Trieb des Tadelns oder Lobens ausströmen zu lassen: wir erzeigen ihnen in beiden Fällen eine Wohltat, an der wir kein Verdienst und für die sie keinen Dank haben.