1. Adam Smith
Humes Werk wurde auf ethischem und national-ökonomischem Gebiete fortgesetzt durch seinen jüngeren Freund und Landsmann Adam Smith (1723-1790). Dieser, Sohn eines Zollbeamten, bekleidete seit 1751 eine Professur der Moralphilosophie in Glasgow, wo er über natürliche Theologie, Naturrecht, Ethik und Nationalökonomie las. Nachdem er 1759 seine Theorie der moralischen Gefühle veröffentlicht hatte, gab er seine Stelle auf und reiste nach Frankreich, wo er die Bekanntschaft der Nationalökonomen Quesnay, Turgot und Necker (§ 27) machte. Nach Schottland zurückgekehrt, arbeitete er in der Stille seines Heimatsdorfes, bei seiner Mutter lebend, das berühmte Werk aus, von dem man den Anfang der wissenschaftlichen Nationalökonomie zu datieren pflegt: Untersuchung über die Natur und die Ursachen des Reichtums der Völker (1776). Später bekam er eine Stellung am Zollamt zu Edinburg, wo er 1790 starb: eine stille, weiche und bildsame Natur.
a) Seine Ethik vertieft diejenige Humes. Das moralische Gefühl entsteht nur in Gesellschaft anderer, durch unwillkürliche Sympathie: die Rücksicht auf den Nutzen tritt erst später ergänzend hinzu. Jeder Mensch trägt einen unparteiischen inneren Zuschauer seiner Handlungen in seiner Brust. Das moralische Urteil bildet sich zwar erst allmählich aus, aber es ist unwillkürlich; erst bei seinen Verallgemeinerungen wirkt die Vernunft mit. Den Humeschen Sympathiegedanken baut Smith mit guter psychologischer Beobachtung bis ins kleinste aus. Die erste Stufe des Sympathisierens ist rein psychologischer Natur; dann entspringen Werturteile; aus ihnen das Gebot: Betrachte dein Fühlen und Tun in dem Lichte, in dem es der »unparteiische Zuschauer« tut. So bilden sich bestimmte Grundsätze und Lebensregeln, das Pflichtgefühl, endlich die Erkenntnis jener Regeln als göttlicher Gebote. Zu der Achtung muß Neigung (natürliches Gefühl) hinzukommen. Das Gerechtigkeitsgefühl beruht auf dem Grundtrieb der gesellschaftlichen Ausgleichung. Das leitet uns über zu seinem
b) ökonomischen Denken, das ihn berühmter als seine Moralphilosophie gemacht hat, übrigens in einem gewissen Gegensatz zu dieser steht. Ausgangspunkt ist nämlich hier der natürliche Erwerbstrieb des einzelnen, der sich frei und unbeschränkt regen muß. Quellen des Reichtums sind Arbeit und Sparsamkeit. Der Staat soll weder mit Geboten noch mit Verboten in diese Erwerbssphäre eingreifen; Angebot und Nachfrage werden, wie sie es von jeher getan, alles schon aufs beste regulieren, die angemessene Arbeitsteilung bewirken usw. Der Staat soll nur den Frieden erhalten, vor äußerer Gewalt schützen, höchstens rein gemeinnützige Anstalten ins Leben rufen. Die Volkswirtschaft ist für Smith nur die Summe der Privatwirtschaften. Was die Gewinnverteilung betrifft, so tritt neben den Anteil des Arbeiters derjenige des die Rohstoffe liefernden Grundeigentümers und des die Betriebsmittel liefernden Kapitalisten.
Dies aus den Bedürfnissen der englischen Wirtschaftsverhältnisse hervorgewachsene Prinzip des Laissez-faire ist heute in seiner Einseitigkeit erkannt, bedeutete jedoch für die damalige Zeit einen wichtigen Fortschritt; ja sein Urheber hielt dessen Verwirklichung im damaligen England noch für unmöglich. Das (etwas breite) Buch von Smith hat auf die ältere, sogenannte »klassische« Nationalökonomie (Ricardo, Malthus u. a.) einen bedeutsamen Einfluß geübt. Auch von Kant und seinem Königsberger Kollegen Kraus ist Smith sehr hochgeschätzt worden.