A = A — b
Darum gilt auch der Identitätssatz "A gleich A" nur für die Idealwelt der mathematischen Wirklichkeit, die wir nicht kennen und nicht aussprechen können; in der Welt der Sprache, das heißt in der Welt der Seele ist A niemals ganz genau A. Wenn wir sprechen und das Wort "Baum" gebrauchen oder das Wort "Mensch", so ist das Wort immer da sofort unzuverlässig, wo wir etwas aus "A gleich A" schließen wollen. Wenn wir wissen wollen, ob eine totgeborene Menschen frucht ohne Kopf "ein Mensch" sei, das heißt heißen "dürfe" oder nicht, so fängt der Begriff sofort zu pendeln an und nicht von der Bedeutung hängt unsere Entscheidung ab, sondern von der Entscheidung die Bedeutung. Nicht der Schluß folgt aus der Definition, nein die Definition folgt innerlich dem Schluß, den wir ziehen wolle n. So kann im Denken recht gut der Satz möglich werden
A = A — b,
wobei b eine diskrete Größe ist. Wenn ein Zwischenglied zwischen Mensch und Affe aufgefunden würde, der Anthropopithekus, so könnte er recht gut ein Mensch genannt werden, ein Mensch ohne Sprache, A — b.
Alle diese uralten Streitigkeiten über das, was etwas ist, werden natürlich sinnlos, wenn man richtig fragt, wie etwas heiße. Und die tiefsten philosophischen Fragen würden herabsinken zu Fragen des Sprachgebrauches.
Dabei darf nie vergessen werden, dass Seele, Bewußtsem nichts ist als unser bescheidenes Gedächtnis, dass also die merkwürdigste Eigenschaft unserer Worte, ihre große Bequemlichkeit, leicht zu erklären ist. In der Seele ist nicht nur oft A = A — b, sondern es ist alltäglich, dass wir in der "Seele" A = — A setzen können. Denn das ist es doch, wenn ich weiß oder sage, dass diese Scherben gleich seien dem vorhin in der Hand gehaltenen Topf. Die Scherben sind aus dem Topfe "geworden". Die Blume "wird" aus dem Samen, das Leben aus dem Tode, der Tod aus dem Leben. Die Kopula "wird", die A und — A bindet, wäre ebenso wie die Kopula "ist" besser durch "heißt" zu ersetzen.
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