Regeln für Gesunde bei Krankheiten
Für Gesunde sind bei herrschenden, ansteckenden Krankheiten, noch folgende spezielle Regeln zu beobachten:
a) Man hüte sich vor groben, unverdaulichen Speisen, wohin besonders Ackerbohnen, rohes Schweinefleisch, harte Erbsen, alter Speck u. s. w. gehören, vermeide jedes Übermaß in Nahrungsmitteln, strenge sich nicht zu sehr geistig oder körperlich an und kleide sich mehr kühl, als heiß. Indessen ist eine warme Flanellkleidung bei der herrschend gewesenen indischen Cholera als Schutzmittel allenthalben gelobt worden, indem solche die hier so schädliche Erkältung weniger zulässt.
b) Die Haut, durch welche häufig der Ansteckungsstoff in den Körper dringt, stärke man durch Waschen und Reiben mit Handtüchern, die in Essig oder verdünnten Branntwein getaucht worden sind.
c) Man meide, wenn man furchtsam und schwach an Willenskraft ist, jede Gemeinschaft mit Kranken, zu denen uns die Pflicht nicht ruft, oder deren Krankheit wir von Natur verabscheuen.
d) Gebieten hingegen Pflicht oder Dienst, zum Kranken zu gehen, so geschehe dieses nie mit ganz nüchternem Magen, auch nicht mit ängstlichen Besorgnissen, angesteckt zu werden. Kann man sich dieses ängstlichen Gedankens nicht erwehren, so halte man sich bei Kranken nicht lange ohne Not auf, und nach der Entfernung aus dem Krankenhause wasche man sich die Hände mit reinem Wasser, spüle den Mund mit Weinessig aus und wechsele die Kleidung. Man halte sich in solcher Zeit nicht allein mäßig im Essen und Trinken, sondern bleibe, wo möglich, bei seiner alten Gewohnheit, mache keine unnötige Veränderungen, entziehe sich nichts an Speisen und Getränken und halte sich, wenn die ansteckenden Krankheiten den gastrischen und fauligen Charakter haben, mehr an Pflanzen- als an Tierkost, haben sie aber den Charakter des Nervösen und der Schwäche, wie z. B. die asiatische Cholera ihn zeigte; so sind Fleischspeisen und guter Wein vorzuziehen. Dabei sei man stets recht heitern Gemüts, stimme sich so ruhig, als möglich. Ist man genötigt, mehrmals zu den Kranken zu gehen, so wechsele man, so viel es tunlich ist, die Kleidung, welche von heller, am besten weißer Farbe sein muss (da die schwarzen, überhaupt dunklen Farben alle übel riechbaren, unreinen Stoffe in sich ziehen) und gehe nicht immer mit derselben zu den Kranken.
e) Man spucke, wie dies oft in Krankenzimmern zu geschehen pflegt, den Speichel nicht immer aus, weil dadurch ein zur Verdauung notwendiger Saft verschwendet wird.
f) Man trinke ein Glas guten, alten Wein mehr, wie gewöhnlich, und vermeide den Genuss des erschlaffenden Tees.
g) Wer gewohnt ist, viel Bier oder Wasser zu trinken, vermische solches mit Weinessig, Zitronen- oder Himbeersaft.
h) Man verweile nicht in stark geheizten Zimmern, nähere sich nicht zu sehr dem Ofen und vermeide überhaupt alles, wodurch man in starken Schweiß geräth. Ist die Krankheit nicht rein ansteckend, sondern verbreitet sie sich auch durch die Luft, wie dies die morgenländische Cholera tat; so können indessen schweißtreibende Mittel zu Anfange der Ansteckung oder des Ergriffenseins höchst nützlich werden.
Wer entweder beständig oder auch nur häufig bei Kranken sein muss, dabei schwächlich ist und nun, wenn er auch vorher gesund war, über Unwohlsein: Mattigkeit, Erbrechen, Reiz dazu, Ekel vor Speisen, Bitterkeit im Munde, Schleim auf der Zunge, dumpfes Kopfweh, unruhigen Schlaf, großen Hang zum Schlafen, Leibesverstopfung, Durst, ohne am Getränke Geschmack zu finden, ärgerliches, empfindliches Wesen, Drücken auf der Herzgrube, Reißen in den Gliedern, Frösteln, fliegende Hitze klagt, der muss bedenken, dass solche Zufälle nicht immer sichere Zeichen der Ansteckung sind; er muss, so viel als möglich, die Furcht vor Gefahr gänzlich ablegen, dagegen Mut und Kraft dem uns bedrohenden Feinde entgegensetzen. Furcht und Angst befördern unter gewissen Umständen die Ansteckung. Außerdem lüfte man öfters, jedoch mit Vorsicht und mit Vermeidung jeder Erkältung, die Krankenzimmer, zerstöre den Ansteckungsstoff durch die, jedem Arzte und Apotheker bekannten chlorsauren Räucherungen, und versorge den Kranken oft mit reiner, gut getrockneter Wäsche.
Derjenige, welcher bereits mehr oder weniger eben genannte Beschwerden fühlt, muss sogleich das Krankenzimmer verlassen, und sich, wie sich dies von selbst versteht, bei einem geschickten Arzte, ohne Zaudern, nach Hilfe umsehen, die ihm angeratenen Arzneimittel pünktlich gebrauchen, die ihm vorgeschriebene Lebensordnung befolgen, nicht aber vorher eigenmächtig allerlei Hausmittel versuchen, oder bei diesem oder jenem Afterarzte Hilfe suchen; denn oft nur wird die Krankheit gefährlich, ja sogar tödlich, weil man zur rechten Zeit die zweckmäßige Hilfe versäumt.