Herba Sedi acris
Herba Sedi acris, Mauerpfeifer, kleines Hauslauch. Es ist ohne Geruch, schmeckt aber brennend scharf, wie Pfeffer. Auf die Haut gelegt bewirkt es Brennen, Röte, macht selbst Blasen. Der frisch ausgepresste Saft war in alten Zeiten ein berühmtes Mittel gegen den Krebs und gegen die Epilepsie, wurde darauf von den Ärzten mit Unrecht in Vergessenheit gebracht, vom Volk aber noch immer hochgeschätzt. In neuerer Zeit machten Zschorn und Sommer (Beobachtungen d. idiopath. Fallsucht, 1819) wieder auf das Mittel aufmerksam, welches sie selbst noch in solchen Fällen von Epilepsia idiopathica wirksam fanden, wo andere berühmte Antepileptica fruchtlos geblieben waren. Man gibt täglich davon zweimal einen halben bis zwei Esslöffel voll mit zwei Tassen Mandelmilch, oder Haferschleim, oder Gummi arabicum, in Wasser aufgelöst. Es folgt Anfangs galliges Erbrechen und Purgieren mit Erleichterung, was sich aber beim Steigen der Dosis verliert, wo mit Eintritt eines durchdringend und übel riechenden, saturierten Urins das Gehirn freier wird. — Die französischen Ärzte Fauverges, Gaudier und Pasquier (Journ. clinique des hospit, de Lyon, 1830, März) bestätigen die gute Wirkung des Mauerpfeffers gegen die Epilepsie.
Auch das Pulver des getrockneten Krauts, täglich zweimal zu drei, sechs bis zehn Gran und allmählich bis zu 15 Gran gestiegen, in einer Tasse Milch genommen, ist sehr wirksam. Bleibt der Anfall aus, so fällt man mit der Dosis allmählich eben so, wie man damit gestiegen ist. Nach Sommer müssen schon im Mai die Blätter eingesammelt werden, worauf man sie an einem warmen Ort trocknet, pulverisiert und in einem gut verschlossenen Glas an kühlem, trocknem und schattigem Ort aufbewahrt. Hat die Pflanze schon Knospen und Blumen, so ist sie unwirksam. Am kräftigsten ist der auf magerem, trocknem, sandigem Boden und an alten Mauern wachsende Mauerpfeffer.
Osiander (I. c. p. 271) zählt das Sedum acre auch unter die Volksarzneimittel gegen die Gelbsucht, und erwähnt (a. a. O. S. 372), dass der berühmte Augenarzt Beer einst einer Frau, welche an krebshafter Verschwärung der Augenlider gelitten, geraten, den frischen Saft des Mauerpfeffers äußerlich anzuwenden. Auch Rust lobt denselben äußerlich zum Verbinden skorbutischer und krebsartiger Geschwüre, indem nicht allein die schlechte Eiterung sich darnach bessert, sondern auch die Schmerzen dadurch sehr vermindert werden. — In vielen Gegenden von Deutschland legt man gegen Verbrennung ein gequetschtes Blatt des Mauerpfeffers auf den leidenden Teil, wonach sogleich der Schmerz aufhört. Auch wirken auf ähnliche Weise gequetschte Blätter von Calla aethiopica, von den bei uns in Töpfen gezogenen Aloearten, Kaktusarten u. a. m.