b. Ausscheidung des Mienenhaften
Nach der anderen Seite hin muß sich, wie wir sahen, die Skulptur von der zufälligen Subjektivität und vom Ausdruck derselben in ihrem für sich seienden Inneren freihalten. Dadurch ist es dem Künstler verboten, in betreff auf das Physiognomische zum Mienenhaften fortgehen zu wollen. Denn Miene ist nichts anderes als eben das Sichtbarwerden der subjektiven inneren Eigentümlichkeit und deren Partikularität des Empfindens, Vorstellens und Wollens. In seinen Mienen drückt der Mensch nur aus, wie er sich in sich, gerade als dieses zufällige Subjekt, empfindet, sei es, daß er es sich nur mit sich zu tun macht oder sich in Beziehung gegen äußere Gegenstände oder andere Subjekte in sich reflektiert. So sieht man es z. B. auf der Straße, in kleinen Städten besonders, vielen, ja den meisten Menschen in ihren Gebärden und Mienen an, daß sie nur mit sich selbst, ihrem Putz und Kleidung, überhaupt mit ihrer subjektiven Besonderheit oder aber mit den anderen Vorbeigehenden und deren etwaigen Seltsamkeiten und Auffälligkeiten beschäftigt sind. Die Mienen des Hochmutes, Neides, der Selbstzufriedenheit, Geringschätzung usf. gehören z. B. hierher. Weiter kann dann aber den Mienen auch die Empfindung und Vergleichung des substantiellen Seins mit meiner Besonderheit zugrunde liegen. Demut, Trotz, Drohung, Furcht sind Mienen dieser Art. Bei solcher Vergleichung tritt schon eine Trennung des Subjekts als solchen und des Allgemeinen ein, und die Reflexion auf das Substantielle biegt sich immer zur Einkehr ins Subjekt zurück, so daß dieses und nicht die Substanz der überwiegende Inhalt bleibt. Weder aber jene Trennung noch dies Überwiegen des Subjektiven darf die dem Prinzip der Skulptur in strenger Weise treu bleibende Gestalt ausdrücken.
Außer den eigentlichen Mienen endlich enthält der physiognomische Ausdruck noch vieles, was bloß flüchtig über das Gesicht und die Stellung des Menschen hinspielt: ein augenblickliches Lächeln, ein plötzlich aufloderndes Augenrollen des Zorns, ein schnell verwischter Zug des Spottes usf. Besonders haben Mund und Auge in dieser Rücksicht die meiste Beweglichkeit und Fähigkeit, jede Nuance der Gemütsstimmung in sich aufzunehmen und erscheinen zu machen. Solche Veränderlichkeit, welche einen gemäßen Gegenstand der Malerei abgibt, hat die Skulpturgestalt von sich abzulehnen; sie muß sich im Gegenteil auf die bleibenden Züge des geistigen Ausdrucks hinrichten und diese sowohl im Antlitz als auch in Stellung und Körperformen festhalten und wiedergeben.