I. Leben und Schriften.
Francis Bacon (latinisiert Baco), geb. 1561, entstammte zwar einer vornehmen englischen Familie, mußte sich aber als jüngerer Sohn seinen Weg selbst bahnen. Dazu half ihm ein starker Drang nach Ehren, Reichtum und Macht, der begleitet war von einem leidenschaftlichen Trieb nach Erkenntnis. Die erreichte Macht sollte ihm als Mittel zu dem großen Werke einer völligen Erneuerung (Instauratio magna) der menschlichen Wissenschaften dienen, zu dem er sich die Kraft zutraute. Anstatt aber zu diesem Zweck vor allem die Schriften seiner großen Zeitgenossen Kepler und Galilei gründlich zu studieren, stellte er allmählich die Mittel über den Zweck, und in deren Wahl verriet er keine Bedenklichkeit. Um in der Welt emporzukommen, sagt er selbst in seinen Essays moral, economical and political - in der ersten Auflage (1597) 10, in der dritten (1625) 58 an der Zahl -, müsse man sich den Verhältnissen anbequemen und den Launen der Mächtigen fügen. So rückte er denn schließlich unter Jakob I. zum Lordkanzler und Baron von Verulam auf (1618). Aber drei Jahre später wurde er wegen Bestechlichkeit im Dienste des Königs und seiner Günstlinge vom Parlament verurteilt. Vom Könige wird ihm zwar die Strafe erlassen, aber er zieht sich nun von dem öffentlichen Leben zurück und widmet sich in seinen letzten fünf Lebensjahren (1621-26) ganz der Beschäftigung mit den Wissenschaften.
Seine Instauratio magna hat Baco nicht vollendet. Als erster Teil erschien 1620 das schon 1612 im Entwurf unter dem Titel Cogitata et visa veröffentlichte, unterdes nicht weniger als zwölfmal umgearbeitete Novum Organum Scientiarum, d.h. die dem alten aristotelischen »Organen« entgegengestellte »neue Logik«; als zweiter 1623 das im ersten Entwurf - als The advancement of learning - bereits 1605 herausgegebene Werk De dignitate et augmentis scientiarum: eine Art Enzyklopädie der Wissenschaften, mit vielen treffenden Bemerkungen über deren noch auszufüllende Lücken. Zu einem dritten, die Naturerklärung betreffenden Teil lagen nur die nach seinem Tode von seinem Sekretär unter dem Titel Sylva Sylvarum veröffentlichten Materialien vor. »Was des Seins würdig ist, ist auch des Wissens würdig; denn das Wissen ist das Bild des Seins.« So umfassend stellt sich Baco das Problem. Die Mutter aller Wissenschaften aber ist ihm die Naturwissenschaft, die man, teils aus übertriebener Ehrfurcht vor den Denkern des Altertums, teils aus falsch verstandenem Religionseifer bisher nicht gebührend gewürdigt hat. Ihre Aufgabe ist: getreue Interpretation der Natur, um dieselbe beherrschen zu lernen. Denn Wissen ist Macht. Zu diesem, nicht zu irgendwelchem theoretischen Zwecke muß sich der Naturforscher zunächst von allen Vorurteilen (»Idolen«, d. i. Trugbildern) des Verstandes und der Sinne befreien. Der erste Teil des Novum Organum enthält daher [II. Die Lehre von den Idolen.]