3. Neuthomismus
(Suarez)
3. Selbst die alte Kirche blieb von dem Hauche des Humanismus nicht völlig unberührt. Sie hatte zwar um diese Zeit im Tridentiner Konzil (1546-63) ihre Lehre endgültig fixiert und schloß sich fortan gegen alle Neuerungen ängstlich ab. Aber innerhalb dieser Schranken regte sich auch in ihr, durch die notwendig gewordene Polemik gegen den Protestantismus veranlaßt, etwas mehr philosophisches Leben, das jetzt fast ausschließlich von dem neuen Orden der Jesuiten geleitet ward. Das Collegium Romanum und das Collegium Germanicum zu Rom waren von Ignaz von Loyola ausdrücklich zur Belebung des philosophischen Studiums, d.h. natürlich der mittelalterlichen Scholastik, gegründet worden. Von dem Kollegium in Coimbra (Portugal) rühren eine Anzahl fleißiger Kommentare zu Aristoteles her. Der weitaus bedeutendste dieser den Thomismus erneuernden katholischen »Philosophen« ist der spanische Jesuit Suarez (1548-1617), dessen Metaphysische Disputationen in ihrem besseren Stil und ihrer klaren und geordneten Gliederung entschieden den Einfluß des Humanismus verraten. Auf den Inhalt brauchen wir nicht einzugehen, da wir in I, § 65 den Thomismus in einer für die Zwecke dieses Buches ausreichenden Ausführlichkeit behandelt haben. Suarez, dem es im einzelnen nicht an Scharfsinn fehlt, erfreute sich im 17. Jahrhundert nicht bloß auf katholischen, sondern sogar auf manchen protestantischen Universitäten großen Ansehens, sodass einzelne Gedanken von ihm bei einem Teil der neueren Philosophen Aufnahme gefunden haben; er wird selbst von Schopenhauer noch geschätzt. Mit der Blüte dieses »Neuthomismus« war es indes nach Suarez' Tode bald vorbei. Nur die Staatslehre einzelner Jesuiten hat noch etwas Eigentümliches und wird daher im folgenden Paragraphen zu erwähnen sein.