Die weisse Kultur
oder:
Warum in die Ferne schweifen?
(Aus einer Berliner Zeitung)
Oktober 1909
»Die Tatsache, daß deutsche Mädchen unter dem Vorwande des Briefmarkensammelns mit Negern der deutschen Kolonien in einen keineswegs einwandfreien Briefwechsel traten, erregte hier — wie seinerzeit berichtet — sehr unliebsames Aufsehen. Nun veröffentlicht die Kolonialverwaltung unter der Überschrift ›Eine Mahnung an deutsche Eltern und Erzieher‹ folgende amtliche Kundgebung: Vor kurzem sind durch die Presse Fälle bekannt geworden, in denen Neger unserer Kolonien versucht haben, einen Briefwechsel mit deutschen Mädchen anzubahnen. Die amtlicherseits veranlaßten Ermittelungen haben ergeben, daß die Anregung zu solchen Korrespondenzen nicht immer von Seiten der Neger ausgegangen ist. Vielmehr ist in der Mehrzahl der Fälle festgestellt worden, daß sich außer Schülern, jüngeren Angestellten und Studenten auch Mädchen verschiedenen Alters an Eingeborene der Schutzgebiete gewandt und sie zum Briefwechsel aufgefordert haben. Während die männlichen Briefschreiber fast durchwegs den Zweck verfolgen, auf diesem Wege afrikanische Briefmarken, Kuriositäten usw. zu erhalten, scheint bei den jungen Mädchen vielfach die Freude an der Romantik eines Briefwechsels mit einem Neger, möglichst mit einem ›schwarzen Prinzen‹, der Beweggrund zu sein. Bedauerlicherweise ist aus dem Inhalt der von den Schwarzen — meist Jungen von siebzehn bis zwanzig Jahren — harmlos vorgelegten Briefe zu ersehen, daß einige der Briefschreiberinnen bei Abfassung der Briefe in bedenklicher Weise das Bewußtsein der eigenen Stellung verloren haben. Die Übersendung der Photographien der Briefschreiberinnen ist nichts Außergewöhnliches. Jedenfalls haben die Spenderinnen dabei nicht bedacht, daß ihre Photographien von den Negern in ihren Wohnungen neben allerlei anderen Bildern aufgehängt werden, und daß es auf den weißen Beschauer einen befremdenden Eindruck macht, wenn er die Photographie eines offenbar den besseren Ständen angehörenden deutschen Mädchens im traulichen Verein mit dem Bild einer ›schwarzen Schönheit‹ unbekannter Herkunft findet. Es darf daher nicht wundernehmen, wenn es bei der farbigen männlichen Jugend einiger Schutzgebiete nachgerade zum guten Ton gehört, eine ›Freundin‹ in Deutschland zu haben. Die Schuld an dieser bedauerlichen Tatsache dürfte in erster Linie das heimische deutsche Publikum treffen, die Eltern und Erzieher der Mädchen, die aus Unkenntnis der Verhältnisse der Unsitte des Korrespondierens mit Negern in der geschilderten Weise nicht steuern, oder die ihrer Erziehung anvertrauten Mädchen in dieser Hinsicht nicht genügend überwachen. Im Interesse aller Beteiligten erscheint es dringend geboten, auf die Abstellung des nicht immer harmlosen Unfugs hinzuwirken. Ein Nachlassen des gedachten Briefwechsels wird indes nur dann zu erwarten sein, wenn alle dazu Berufenen den jungen Mädchen in der Heimat immer wieder zum Bewußtsein bringen, wieviel sie sich durch einen solchen Briefwechsel mit den Eingeborenen der Kolonie vergeben und wie sehr sie durch ihn der Kolonialverwaltung die Aufgabe der Erziehung der Eingeborenen erschweren.«
Für Bankier, 30 Jahre, mos., vorn. Ersch., mit üb. 100 Mille Verm. suche passende Partie. Off. nur mit Photographie.
Zahnarzt, Ende Dreißig, Isr., 6000 Mk. Eink., w.s.m. verm. j. Dame zu verh. Vermittler erbeten.
Disponent, 27, mos., w. Bekanntsch. j. Dame (unter 23 J.) zw. Heirat. Eink. 7-8000, welches durch Eintr. in d. Firma auf 10000 erhöht werden kann.
Suche f. m. Neffen, appr. Apotheker, ev. liberal denkend, Mitte 30, ca. 5000 Eink., pass. Lebensgefährtin mit Verm. Eltern, auch Vormünder werden u. genaue Mitteil, d. Verh. geb. Discr. selbstverst.
Fabriksbesitzer, Ende 40er, gesund, von großer Figur, sucht auf diesem Wege das Glück der Zukunft. Damen mit mindestens 100 Mille, welche Sinn für Häuslichkeit haben, wollen gefälligst ...
Einheirat wünscht langjähr. Reisender, mos., vermögend, in lukratives Unternehmen. Bedingung hübsche ansehnl. Dame. Anonym, ausgeschl.
Rechtsanwalt, Doktortit., stattl. Ersch., w. zw. Heirat jüd. Dame, 100000 M. Photographie.
Für nah. Verw., Prokurist, gr. eleg. Ersch., suche passende Frau bis 28, v. Herz u. Gemüt u. gleich guter Ersch. Erw. Mitgift ca. 50-75 Mille. Nur ernstgem. Zuschr. m. Photographie erwünscht. Einheirat nicht ausgeschlossen.
Mit einer hübschen und klugen Frau möchte ich meinen besten Freund, 39 Jahre alt, freidenk. Jude, kleiner Figur, weltgereist, verheiratet sehen.
Kaufmann, 28 Jahre, groß, gegenwärtiger Jahresgehalt über 2000 Mark, wünscht Heirat mit vermög., wirtsch., liebensw. Dame aus christl. Farn. Angebote möglichst mit Phot.
Geb. Kfm., 26 J., r. Lbserf., Verm. 15 Mille, w. Bek. frdsprl. geb. wirtschl. tcht. Dame m. entspr. Mitgift.
Ernst gemeint. Jg. Mann, 30 J., mos., wünscht in ein Möbel- oder Teppichgesch. einzuh. oder etablieren.
Rittergutspächt., jg., stattl. Ersch., w. Neigungsehe m. einf. erz. h. jg. Dame, d. Gem. u. Herzbld. bes., Relig. gl., Verm. erw.
Sonniges Heim durch Ehe sucht Kaufm., Isr. Angern. Mtgft. Bedingung.
Einheirat i. f. Herren-Moden-Maßgeschäft wünscht erstklassiger Zuschneider und Verkäufer f. Herren-Garderobe, mos., 167 groß und kerngesund.
Suche als Lebensgefährtin Frl. aus bess. Fam., makellos, gesund, 35 bis 50 Mille. Bin Großkaufmann, 41 J., jugendfrisch, freid. Israel., nicht unvermögend. Nur streng reelle Offerten mit Photographie.
Neigungsheirat wünscht Diplomingenieur, 1.80 groß, mit evangelischer, vermögender (nicht unter 25000 Mk.) junger Dame.
Mittlerer Beamter in östl. Provinzialhauptstadt, 45 Jahre alt, 1.68 m, wünscht mit geb. Dame in Verbindung zu treten. Offerten möglichst mit Phot.
Kaufm., 29 Jahre alt, Isr., v. kl. Figur, sucht Einheirat in ein Konfektions- oder Schuhgeschäft. Betreffendes Mädchen nicht über 20, mit Herzensbildung bevorz.
In feinst, isr. Familie best. eingef. hochachtbarer Vermittler empfiehlt seine Dienste unter strengster Diskretion.