Theorie des Gehörs


Erstlich der Schall und jeglicher Ton wird hörbar, sobald er

Eindringt bis in das Ohr und körperlich dessen Gefühl weckt.

Denn daß der Ton wie der Schall ein körperlich Wesen hat, darf man

Wohl nicht füglich bestreiten: sie können die Sinne ja reizen.

Scheuert doch öfter die Stimme schon selber den Schlund, und es

macht ihn

Heiserer noch, wenn Geschrei durch die Gurgel hinaus in die Luft dringt.

Denn wenn größere Haufen von Stimmelementen auf einmal

Durch die Enge der Kehle hinaus sich zu stürzen beginnen,

Wird durch die Überfülle die Pforte des Mundes gescheuert.

     Sonach besteht kein Zweifel, daß körperbegabte Atome

Bilden die Laute und Worte; sonst wäre die Reizung nicht möglich.

Weißt du doch selbst, was ein Mensch an seinem Körper verlieret,

Was ihm an Nervenkraft muß rauben beständiges Sprechen,

Wenn er versucht von den ersten erglänzenden Strahlen des Frührots

Bis zu den dunkelen Schatten der Nacht als Redner zu wirken,

Namentlich wenn es geschieht mit der höchsten Entfaltung der

Stimmkraft.

Also es muß doch die Stimme ein körperlich Wesen besitzen,

Da wir durch längeres Reden an unserem Körper verlieren.

     Ferner die Rauheit der Stimme entsteht aus der Rauheit des Urstoffs,

Ebenso glätterer Ton aus glätteren Urelementen.

Denn verschieden geformt ist der Urstoff, der uns ins Ohr dringt,

Läßt die Drommete mit Wucht ihr dumpfes Gedröhne erschallen

Und hallt Phrygierland dumpf wider von Flötengetute,

Oder wenn nächtens herab aus des Helikon kühlen Revieren

Schmelzender Trauergesang der gefiederten Sänger erschallet.


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Seite zuletzt aktualisiert: 14.09.2005 
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