Eichenrinde
Eichenrinde (Cortex Quercus). Nicht allein die, nur von jungen Ästen der Quercus Robur L. und Quercus pedunculata Willd. zu nehmende Rinde, auch die hell gerösteten Früchte (Glandes Quercus tostae) sind als Heilmittel den Ärzten, wie dem Volk bekannt: die Rinde als reines Adstringens und als ein kräftiges, weder durch Weiden-, Rosskastanien-, noch durch Chinarinde zu ersetzendes äußerliches Mittel gegen Blutaderknoten, s. g. Aderbräche an den Füßen, gegen alle frisch entstandenen Brüche, gegen Vorfall des Afters und der weiblichen Genitalien, der Scheide und des Uterus, — gegen sehr schlaffe, leblose, ödematöse, durch Blutaderknoten entstandene Geschwüre an den untern Extremitäten, — als Mund- und Gurgelwasser gegen faulige Bräune mit scheußlichem Geruch aus dem Munde, so wie gegen Frostbeulen (hier zu ein Pfund der Abkochung ein halbes Lot Alaun. S. oben d. Artikel), — gegen das Durchliegen (hier das Dekokt der Rinde mit Bleiessig. S. Blei). Auch gegen die sogenannte böse oder schwarze, durch Milzbrandgift entstandene Blatter (Pustula maligna) sind Umschläge von Eichenrindendekokt höchst wirksam (S. Schwan in Hufeland’s Journal Bd. 65. St. 4).
Osiander (a. a. O. S. 403) erzählt von einem, durch Masturbation ganz erschöpften Mädchen, welches durch die äußere Anwendung eines starken Dekokts der Eichenrinde und durch ähnliche Bäder völlig wieder hergestellt worden sei.
Schwächliche, an Darrsucht und Skrofeln, so wie an englischer Krankheit leidende Kinder bessern sich ungemein durch den längern Gebrauch der Bäder von Eichenrindendekokt (nachdem Sol- oder Kochsalzbäder vorausgegangen). Man nimmt zu einem solchen Bade drei bis vier Pfund trockne zerkleinerte Eichenrinde, kocht diese mit acht Maß Wasser bis zur Hälfte ein und gießt sie zu dem warmen Wasserbade. Man wiederholt dieses Bad bei solchen Kindern wöchentlich drei- bis viermal. Ein Unterstützungsmittel der Kur, so wie zur Stärkung aller anderen geschwächten Personen, ist der Eichenrindensack, als Unterbette benutzt. Man füllt einen leinenen Sack mit zwei bis drei Scheffel zerkleinerter Eichenrinde (man kann dieselbe als Gerberlohe leicht in Lohmühlen erhalten) mäßig straff an, legt ihn unten ins Bett, darüber ein gewöhnliches Unter- und Oberbett, worin der Kranke jede Nacht schläft. Alle zwei bis drei Wochen erneuert man die Gerberlohe.
Obgleich die meisten Ärzte der Meinung sind, dass die Eichenrinde innerlich nicht passe, sondern roh, schwerverdaulich sei und den Magen sehr belästige; so sah ich dennoch in mehreren Fällen von Lungenverschleimung alter, engbrüstiger Personen, ja selbst gegen anhaltende oder periodisch eintretende und habituelle Diarrhöen, als Hausmittel den sehr feinen, in den Lohemühlen aus der Luft auf alle Flächen niederfallenden und sich hier oft Zoll dick ansammelnden Lohestaub (Pulvis Cortic. Quercus subtilissimus), mit günstigem Erfolge gebrauchen. Die Kranken nahmen davon zwei- bis dreimal täglich einen Teelöffel voll in Wein oder Branntwein. Bei den Nabelbrüchen kleiner Kinder wendet man als ein sehr gutes Hausmittel einen kleinen Beutel an, worin sich ein halbes Lot Galläpfel und zwei Lot Eichenrinde, beides gröblich zerstoßen, befinden. Man feuchtet täglich, des Morgens früh, diesen Beutel mit Rotwein an, und bindet ihn alsdann gehörig auf den Nabel.
Die gerösteten Eicheln (Glandes tostae) sind ein gelinde nährendes, etwas krampfstillendes, Magen und Gedärme stärkendes Mittel. Sie finden, Morgens früh als sogenannten Eichelkaffee mit Milch und Zucker statt des gewöhnlichen Kaffees getrunken, vorzüglich ihre heilsame Anwendung gegen die Darrsucht, gegen Skrofeln und Rachitis, gegen die s. g. Darmschwindsucht, gegen alle Zehrkrankheiten, gegen Erschöpfung durch starke Eiterungen, Blut-, Milch- und übermäßigen Samenfluss. Sollen die Eicheln aber den Magen solcher Personen nicht belästigen, so muss ihnen die Gallussäure vor dem Rösten benommen werden. Zu diesem Zweck macht man sich den Eichelkaffee (wenn man es nicht vorzieht, ihn von der Apotheke zu nehmen, wo das Pfund etwa vier bis sechs Ggr. kostet) auf folgende Weise: Man sammle gesunde, reife, nicht wurmstichige oder verkrüppelte, sondern recht große Eicheln in den letzten Monaten des Jahres, enthülse sie, schneide jede einzelne kreuzweise durch, also in vier Stücke, und brühe sie dann mit siedendem Wasser an, lasse sie darin kalt werden, nehme sie dann heraus und trockne sie auf dem warmen Ofen oder im Backofen, nachdem das Brot daraus entfernt worden. Das Rösten selbst geschieht im Kaffeebrenner; es muss aber sehr vorsichtig geschehen — nur bis zur hellbraunen Farbe, sonst werden sie ganz unwirksam, indem sich das Stärkemehl darin zu Gummi verwandelt und die Gerbsäure bedeutend geringer an Gehalt wird. — Man nimmt für einen Erwachsenen ein Lot von diesem fein gemahlenen Eichelkaffee, übergießt ihn mit drei bis vier Tassen kochendem Wasser und lässt ihn zehn Minuten lang kochen. Für Kinder reicht die Hälfte hin. Man muss den Gebrauch Monate lang fortsetzen.
Die Eichenmistel (Viscum album L.) wächst nur selten auf Eichbäumen, mehr auf Birken, Buchen, Weiden, Linden, Äpfel-, und Birnbäumen. Sie ist eine Schmarotzerpflanze, deren einjährige und zweijährige Ästchen, besonders im frischen Zustand, (aber auch trocken, wenn der Apotheker sie gut bereitet und verwahrt hat), gegen Kinderkrämpfe, selbst gegen Epilepsie, ein sehr wirksames Mittel sind. Man gibt kleinen Kindern am besten, zumal um die Krämpfe momentan zu beschwichtigen, alle zwei bis drei Stunden von dem Pulver zehn bis fünfzehn, größeren zwanzig bis fünf und zwanzig Gran. — Um aber die Krankheit ganz zu entfernen und den Eintritt späterer Anfälle zu verhüten und deren Zahl und Heftigkeit zu verringern, lasse man Wochen lang Folgendes gebrauchen:
Nr. 69. Nimm: Frische grüne Mistel, frische, feine Zäserchen der Beifusswurzel, grüne Gartenraute, und frische Baldrianwurzel, von jedem zwei Quäntchen, lasse diese mit ein Maß kochendem Wasser eine halbe Stunde lang infundieren, alsdann seihe es durch und setze etwas Zucker oder Sirup hinzu. Dosis: Erwachsene nehmen von dieser Arznei dreimal täglich zwei bis drei Esslöffel voll, Kinder von fünf bis zwölf Jahren einen, jüngere einen halben Esslöffel voll.
"Die Eichenmistel — sagt Osiander (a. a. O. S. 233) gehört zu den ältesten, gegen die Epilepsie gebrauchten Mitteln, dessen Wirkung unter anderen de Haen lobt. Man gibt ein halbes Quäntchen der sorgfältig getrockneten ganzen Pflanze, die am häufigsten auf alten Apfelbäumen wächst.“
Ein sehr wirksames krampfstillendes und antepileptisches Pulver hat Hufeland angegeben. Es ist, von mir verbessert durch den Zusatz von Beifuss, folgendes:
Nr. 69. Nimm: weiße Mistel, Baldrianwurzel, Hirschhorn, Krebsaugen, Beifuss und Zucker, von jedem ein Lot. Dosis: Erwachsene nehmen dreimal täglich einen gehäuften Teelöffel voll, Kinder die Hälfte, ganz kleine Kinder eine Messerspitze voll.