Constanze
1
Längst in das sichere Land der Vergangenheit warst du geschieden;
Nun, wie so viele zuvor, dämmerte wieder ein Tag.
Laut schon sangen die Schwalben; da neben mir krachte das Bettchen,
Und aus dem rosigen Schlaf hob sich ein Köpfchen empor.
„Ebbe!“ so rief ich, “klein Ebbe!“ — Da kniete sie schon in den Kissen;
Aber geheimnisvoll blickten die Augen mich an.
„Ebbe?“ frug sie zurück, und leis aus innerstem Herzen
Klang’s wie ein Lachen herauf: „Elschen hieß ich ja sonst!
Wer doch nannte mich Elschen?“ Da plötzlich fiel es wie Schatten
Über das Kindergesicht; trüb sich umflorte das Aug.
„Ja, wer nannte dich so?“ — Und zögernd kamen die Worte:
„Meine Mutter.“ Und still senkte das Köpfchen sich nun.
Lange kniete sie so. Den sterblichen Augen unfaßbar —
War sie dem Kinde genaht, die mich so lange beglückt?
2
Nicht dem Geliebten allein, wie vielen warst du entrissen!
Glaubten die Freunde doch kaum, ohne dich blühe die Welt. —
Deine geliebten Rosen, ach, dreimal blühten sie wieder,
Und deinen Namen wie lang hab ich von keinem gehört.
Rastlos wandert die Zeit, in den Augen der Kinder verdämmert
Mählich dein Bild, und bald — wer noch wüßte von dir!
Denn so schwindet der Menschen Gedächtnis: Siehe, noch einmal,
Höher als je zuvor, hebt es die spiegelnde Flut;
Scheidender Abendstrahl der Sonne verklärt es noch einmal;
Doch wie die Welle verrauscht, nimmt und begräbt es die Nacht.