Brun, Charles le, ein berühmter Maler, geb. 1619 zu Paris, wo sein Vater Bildhauer war, gest. daselbst 1690, erhielt den ersten Unterricht in der Kunst durch Perrier, genannt Le Bourguignon, kam aber schon in seinem 11. Jahre in Vouets Schule, wo er so außerordentliche Fortschritte machte, dass er in einem Alter von 15 Jahren für den Kardinal Richelieu bereits historische Kompositionen ausführte, die Künstler und Kenner in Erstaunen setzten, und von denen einige dem gerade damals in Paris anwesenden Poussin so wohl gefielen, dass er sich auf die Bitte des Kanzlers Séguier, des Gönners und Unterstützers le Bruns, entschloss, diesen nach Rom mitzunehmen und ihn hier weiter zu bilden. Nach einem vierjährigen Aufenthalt in Italien kehrte er wieder nach Paris zurück, wohin ihm schon ein sehr günstiger Ruf vorausgegangen war. Hier gelang es ihm nun, eine Tätigkeit zu entfalten, die geeignet war, ihn dem höchsten Ruhme entgegen zu fühlen. König Ludwig XIV. schenkte ihm seine volle Gunst, ernannte ihn zu seinem ersten Hofmaler und Direktor der Gobelinsanstalt und erhob ihn in den Adelstand. Später wurde er Direktor der königl. Malerakademie zu Paris und Fürst der Akademie San Luca zu Rom, die er 1666 hatte gründen helfen.
Die Anzahl der von ihm in Paris und Umgegend gefertigten Gemälde ist so beträchtlich, dass wir nur die allerbedeutendsten anführen können. Nachdem er nämlich 1647 ein Votivbild für die Pariser Goldschmiede, das Martyrium des h. Andreas (für die Notredamekirche) ausgeführt, 1649 im Wetteifer mit le Sueur im Hotel des Präsidenten Lambert gemalt, dann die Malereien für den Oberintendanten Fouquet in seinem Schlosse zu Vaux vollendet, 1651 der Pariser Goldschmiedezunft abermals ein Votivgemälde, das Martyrium des h. Stephan (jetzt im Louvre zu Paris) geliefert, bei den Vermählungsfeierlichkeiten Ludwig XIV. mit Maria Theresia von Österreich die Dekorationen entworfen, ferner die Leitung sämtlicher Kunstarbeiten der Gobelins übernommen, bestellte ihm Ludwig XIV., der besonders durch ein für seine Mutter von ihm 1650 ausgeführtes Bild, Christus am Kreuz von Engeln umgeben (im Louvre zu Paris), bekannt durch den trefflichen Stich von Edelinck, für ihn eingenommen worden war, eine Reihe von Bildern aus der Geschichte Alexander des Großen, die ihm in der Ausführung so vortrefflich gelangen, dass sie noch heute zu seinen gerühmtesten Darstellungen gezählt werden. Hierauf entwarf er die Zeichnungen zu der Apollogalerie des Louvre, führte aber nur vier Gemälde davon aus, denn sein königlicher Herr nahm seine Talente für Versailles in Anspruch. 1677 begleitete er Ludwig den XIV. während der Feldzüge in Flandern und malte nach seiner Rückkehr mehrere Bilder für das Schloss von Saint Germain. War nun le Bruns Tätigkeit bis daher schon eine sehr ausgedehnte gewesen, so wurde sie um diese Zeit vollends eine riesenhafte. Nicht allein leitete er überhaupt alle künstlerischen Unternehmungen des Königs, so dass alle Bildhauer und Maler nur nach seinen Zeichnungen oder Vorschriften arbeiten durften, nicht nur malte er für Colbert das Schloss und die Pavillons zu Sceaux, entwarf er die Zeichnungen zu den Brunnen und Statuen des Parks, fertigte er mehrere kleinere und größere Bilder für den König, dekorierte er die große Treppe zu Versailles, vollendete er die Fassaden der Pavillons zu Marly, sondern er übernahm auch noch die Ausschmückung der großen 280 Fuß langen und 42 fuss breiten Galerie von Versailles mit Bildern und Ornamenten. Er arbeitete vier Jahre daran und stellte darin in 21 Gemälden und 6 Basreliefsnachahmungen die Glanzpunkte der Geschichte Ludwig XIV. vom pyrenäischen Frieden bis zum Frieden von Nynwegen, dann an beiden Enden der Galerie den Krieg und den Frieden dar. Nach dem 1683 erfolgten Tode des Ministers Colbert begünstigte Louvois, dessen Nachfolger als Oberintendant der königlichen und Staatsbauten, mehr le Bruns ehemaligen Mitschüler Pierre Mignard, was diesen, trotzdem dass er die fortgesetzte Gunst des Königs besaß, auf die Länge so betrübte, dass er in eine entkräftende Krankheit verfiel, der er in seinem 71. Jahre erlag.
Le Brun beherrschte die französische Malerei seiner Zeit ebenso despotisch wie sein König Ludwig XIV. den Staat. Er war ein an Erfindungen fruchtbares und im Komponieren meist glückliches Talent, besaß eine reiche Phantasie, die leichteste Darstellungsgabe, eine, mit Ausnahme der etwas kurzen Proportionen, meist korrekte Zeichnung und in seiner ersten Zeit eine tüchtige Farbe. Aber seine Gemälde entbehren der Feinheit und Tiefe des inneren Gefühls und der individualisierenden Durchbildung, wie der künstlerischen Gemessenheit und Klarheit; statt naiver Entfaltung der Eigentümlichkeit verraten sie ein prunkhaftes, bewusstes Darlegen der errungenen Meisterschaft und an die Stelle der unendlichen Mannigfaltigkeit der Gemütsbewegungen, tritt bei ihm eine beschränkte Zahl stereotyp wiederkehrender Geberden, so dass er häufig in Einförmigkeit, Leere, Emphase, Deklamation und theatralische Übertreibung verfällt, ganz entsprechend dem pomphaften Scheinweseu seiner Zeit am Hofe des vierzehnten Ludwigs. Sein Kolorit ist in späteren Bildern bunt, schwer und unharmonisch, mangelhaft in der Luftperspektive und von geringem Impasto. Von le Brun und seiner zahlreichen. Schule ging die tiefe Entartung der französischen Malerei aus, der Übergang zu einer hohlen theatralischen Manier, welcher als der letzte Verfall der modernen Kunst zu betrachten ist. — Die bedeutendsten seiner Schüler waren: sein Bruder Gabriel (geb. 1625), Claude Audran, Verdier, Houasse, Vernansal, Yiviani, le Fevre, Joseph Vivien und Charles de la Fosse. — Beinahe alle seine Werke wurden gestochen und zwar in zum Teil heute noch nicht übertroffenen Leistungen von Meistern ersten Ranges in der Kupferstecherkunst, einem Edelinck, Nanteuil, Bénoit und Gérard Audran u.s.w. Le Brun hat aber auch selbst geistreich in Kupfer radiert. Man kennt von ihm 7 Blätter, nämlich 4 Blätter, die vier Tageszeiten durch Faunen und Satyrfamilien dargestellt; ferner das Jesuskind; den heil. Johannes; den heil. Karl. Sie sind bezeichnet: C. L. B. C. P. R. (cum privilegio regis) oder C. le B.
Außerhalb Frankreich sieht man wenig Gemälde von le Brun, doch besitzt das Berliner Museum von ihm das berühmte (auch von Goethe besprochene) Jabachsche Familienbild, von einer geistvollen Auffassung, individuellen Durchbildung und meisterhaften Haltung, die an van Dyck erinnern. In der Dresdner Galerie sieht man eine heil. Familie; in der Pinakothek zu München: das Bildnis der Herzogin de la Vallière als heilige Magdalena und den Evangelisten Johannes auf der Insel Pathmos, und in der Galerie des Belvedere zu Wien: die Himmelfahrt Christi. Das Louvre zu Paris enthält 26 Bilder, worunter, außer den bereits genannten, als die besten bezeichnet werden: des Künstlers eigenes Bildnis in Jüngern Jahren; Maria mit dem schlafenden Christuskinde und Johannes; die büßende Magdalena; die Ausgießung des heil. Geistes; das Porträt des Malers Alphonse Dufresnoy; Alexander besucht mit dem Hephästion die Familie des Darius; die Schlacht am Granicus; die Schlacht von Arbela; der Einzug Alexanders in Babylon; der verwundete König Porus vor Alexander gebracht. — Charles le Brun hatte auch noch einen ändern Bruder, der Maler war. Nicolas le Brun, geb. 1615, gest. 1660, malte Landschaften.