Spekulation
Spekulation (lat. speculatio), eigentlich Betrachtung oder Anschauung, bezeichnet die Erforschung eines die gemeine Erfahrung übersteigenden Erkenntnisinhaltes. Je nach ihrem Standpunkte verstehen die Philosophen unter spekulativem Wissen und spekulativer Methode etwas anderes. Die Neuplatoniker und Schelling (1775-1831) denken sich darunter ein von dem reflektierenden Denken unabhängiges geistiges Schauen überirdischer Dinge. Hegel (1770-1854) dagegen nennt spekulativ oder positiv vernünftig das Denken, welches durch die dialektische Methode alle Widersprüche in immer höhere Einheiten aufhebt. In dieser Bedeutung nennt Rosenkranz (1805-1879) die spekulative Methode die produktive Dialektik der Idee und Michelet (1801-1893) das Absolute selbst. Herbart (1776-1841) sieht die spekulative Methode in der Bearbeitung der Begriffe und Ausscheidung der darin versteckten Widersprüche. Ulrici (1806-1884) definiert die Spekulation als das produktive ergänzende und abrundende Schauen, womit aus den Teilen und Bruchstücken, die uns vorliegen, das Ganze einer wissenschaftlichen Weltanschauung herausgeschaut und von dieser erschauten Einheit (der Idee) die gegebenen Glieder geordnet und die fehlenden ergänzt werden. Diese Definition hat ihre Berechtigung, insofern die Phantasie ein wesentlicher Faktor des produktiven Philosophierens ist. Die Norm des Spekulierens liegt natürlich in den Denkgesetzen und den Resultaten der Erfahrungswissenschaften.