Scholastik
Scholastik (lat. scholasticus = zur Schule gehörig, Schüler und Lehrer) nennt man die Philosophie des Mittelalters, besonders von Scotus Erigena bis zur Reformation (9. – 16. Jahrh.). Die Scholastik steht im Dienste der Kirche (ancilla theologiae), deren Dogmen sie zu verteidigen und logisch zu begründen sucht. Sie bedient sich dabei der Reste der antiken Philosophie. Jede ihrer Untersuchungen verwandelt sich in eine Kontroverse, welche die notwendige Folge des Widerstreits zwischen Vernunft und Offenbarung ist. In der 1. Periode vom 9. bis 13. Jahr. verband man die aristotelische Logik mit neuplatonischen Lehren, in der 2., vom 13. – 16. Jahrh., herrschte Aristoteles ganz vor. In jener ragten Scotus Erigena (• um 889), Anselm v. Canterbury (1033-1109), Abälard (1079-1142) und Petrus Lombardus (• 1164) hervor; in dieser Albertus Magnus (1193-1280), Thomas von Aquino (1225-1274) und Duns Scotus (1274-1308). Mit großem Scharfsinn und nicht ohne Tiefe behandelten sie die dogmatischen und die philosophischen Fragen, soweit sie untereinander zusammenhingen; besonders interessierte sie das Wesen der Universalien, welche sie entweder realistisch oder nominalistisch auffaßten. (Siehe Nominalismus und Realismus.) Freilich riefen ihre Armut an Kenntnissen, ihre Unterschätzung der Natur, ihre dialektische Spitzfindigkeit, ihre rationalistische Methode und die Gebundenheit ihrer Denkungsart die Opposition von Mystikern, Humanisten und Naturforschern hervor. Kant (1724-1804) nennt daher Scholastiker Leute, deren Kunst darin besteht, sich an Scharfsinn zu übertreffen. – Noch heute übrigens gilt Thomas v. Aquino den Katholiken als der größte Philosoph. (Siehe Katholizismus und Philosophie.) Vgl. A. Stöckl, Gesch. d. Philos. des Mittelalters. 1864. H. Reuter, Gesch. der relig. Aufklärung im Mittelalter. 1875. Hauréau, de la philosophie scolastique. 2 Bde. Paria 1872 u. 80. v. Eicken, Geschichte und System der mittelalterlichen Weltanschauung. 1887. Ellinger, Philipp Melanchthon. Berlin 1902. Vgl. Patristik.