§ 3. Nutzen dieser Untersuchung
Sollte mir zu zeigen gelingen, dass der zum Gegenstand dieser Untersuchung gemachte Grundsatz nicht unmittelbar aus einer, sondern zunächst aus verschiedenen Grunderkenntnissen unsers Geistes fließt; so wird daraus folgen, dass die Notwendigkeit, welche er als ein a priori feststehender Satz bei sich führt, ebenfalls nicht eine und überall die selbe, sondern eine eben so vielfache, wie die Quellen des Satzes selbst ist. Dann aber wird Jeder, der auf den Satz einen Schluß gründet, die Verbindlichkeit haben, genau zu bestimmen, auf welche der verschiedenen, dem Satze vom Grunde liegenden Notwendigkeiten er sich stütze, und solche durch einen eigenen Namen (wie ich welche vorschlagen werde) zu bezeichnen. Ich hoffe, dass dadurch für die Deutlichkeit und Bestimmtheit im Philosophieren Einiges gewonnen sein wird, und halte die, durch genaue Bestimmung der Bedeutung jedes Ausdrucks zu bewirkende, größtmögliche Verständlichkeit für ein zur Philosophie unumgänglich nötiges Erfordernis, um uns vor Irrtum und absichtlicher Täuschung zu sichern und jede im Gebiet der Philosophie gewonnene Erkenntnis zu einem sicheren und nicht, durch später aufgedeckten Mißverstand oder Zweideutigkeit, uns wieder zu entreißenden Eigentum zu machen. Überhaupt wird der echte Philosoph überall Helle und Deutlichkeit suchen, und stets bestrebt sein, nicht einem trüben, reißenden Regenbach zu gleichen, sondern vielmehr einem Schweizer See, der, durch seine Ruhe, bei großer Tiefe große Klarheit hat, welche eben erst die Tiefe sichtbar macht. La clarté est la bonne foi des philosophes hat Vauvenargues gesagt. Der unächte hingegen wird zwar keineswegs nach Talleyrand's Maxime, durch die Worte seine Gedanken, vielmehr nur seinen Mangel daran zu verbergen suchen, und wird die aus eigener Unklarheit des Denkens erwachsende Unverständlichkeit seiner Philosopheme dem Leser ins Gewissen schieben. Hieraus erklärt sich, warum in einigen Schriften, z.B. den Schelling'schen, der didaktische Ton so häufig in den scheltenden übergeht, ja oft die Leser schon zum voraus, durch Antizipation ihrer Unfähigkeit, gescholten werden.