§ 2. Ihre Anwendung in gegenwärtigem Fall


Das letztere dieser Gesetze finde ich, so mächtiger Empfehlung ungeachtet, zu wenig angewendet auf einen Hauptgrundsatz in aller Erkenntnis, den Satz vom zureichenden Grunde. Obgleich man nämlich längst und oft ihn allgemein aufgestellt hat, so hat man dennoch seine höchst verschiedenen Anwendungen, in deren jeder er eine andere Bedeutung erhält, und welche daher seinen Ursprung aus verschiedenen Erkenntniskräften verraten, gehörig zu sondern vernachlässigt. Daß aber gerade bei Betrachtung unserer Geisteskräfte die Anwendung des Prinzips der Homogeneität, mit Vernachlässigung des ihm entgegengesetzten, viele und langdauernde Irrtümer erzeugt und dagegen die Anwendung des Gesetzes der Spezifikation die größten und wichtigsten Fortschritte bewirkt hat, — dies lehrt die Vergleichung der Kantischen Philosophie mit allen früheren. Es sei mir deshalb vergönnt, eine Stelle herzusetzen, in der Kant die Anwendung des Gesetzes der Spezifikation auf die Quellen unserer Erkenntnisse empfiehlt, indem solche meinem gegenwärtigen Bestreben seine Würdigung gibt. »Es ist von der äußersten Erheblichkeit, Erkenntnisse, die ihrer Gattung und Ursprunge nach von andern unterschieden sind, zu isolieren und sorgfältig zu verhüten, dass sie nicht mit andern, mit welchen sie im Gebrauche gewöhnlich verbunden sind, in ein Gemische zusammenfließen. Was Chemiker beim Scheiden der Materien, was Mathematiker in ihrer reinen Größenlehre tun, das liegt noch weit mehr dem Philosophen ob, damit er den Anteil, den eine besondere Art der Erkenntnis am herumschweifenden Verstandesgebrauch hat, ihren eigenen Wert und Einfluß, sicher bestimmen könne.« (Kritik d. rein. Vern., der Methodenlehre 3. Hauptst.)


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