2. Slough. (Herschels Teleskop)
Das Herschelsche Teleskop sieht man von weitem, wenn man hierher kommt; denn das Gestell ist wenigstens so hoch, als der Tubus lang ist, also 40 Fuß. Balken streben gegen Balken in entgegengesetzter Richtung; und zwischen ihren Fugen bewegt sich das Seherohr, dessen Durchmesser 4 Fuß 10 Zoll beträgt, von der wagrechten in die senkrechte Lage mit der Leichtigkeit, dass ein einziger Arm es heben und richten kann. Man hat Musik in dem Teleskop gemacht.
Das ganze Gestell liegt auf einigen Kreisen von Steinplatten, und rollt, vermittelst angebrachter Walzen, darüber hin.
Zwischen den Balken hängt noch zu jeder Seite des Rohrs ein hölzernes Haus. Eins heißt: the Observatory; hier sitzt Miß Herschel, und schreibt die Beobachtungen ihres Bruders auf. Das andere, the Workhouse, ist der Aufenthalt des Bedienten, der die Bewegung des Instruments verrichtet, und dazu, vermittelst eines 40 Fuß langen Sprachrohrs, von seinem vor der Öffnung des Tubus sitzenden Herrn die jedesmaligen Befehle erhält. Eine Gallerie ist vorn vor dieser Öffnung angebracht, und auf derselben ein Sitz für den Astronomen, welcher nun zu unterst an der obern Öffnung des Seherohrs mit seinem Okularglas die Gegenstände, die sich 40 Fuß tiefer in dem großen Hohlspiegel zeigen, wieder auffaßt und beobachtet. Die Gallerie mit dem Sitz des Beobachters wird durch einen leichten Mechanismus wagerecht erhalten.
Dies ganze Werk nun, welches mit den zwei Häuschen, den Balken, und der Vorrichtung, um es den ganzen Kreis des Horizonts beschreiben zu lassen, gegen 60000 Pfund wiegt, drehet ein Mensch, ein schwächliches Frauenzimmer sogar, mit einer Hand. Eine Scheibe mit Gradabteilungen bestimmt dem Aufwärter, wie er alles stellen soll; ein Quadrant, unten am Rohr befestigt, und mit seiner Wasserwage versehen, mißt die Grade der Höhe über dem Horizont; Gegengewichte von Blei verursachen, dass in jeder Höhe das Instrument gleich leicht bewegt werden kann.
Der große Metallspiegel hat 4 Fuß 2 Zoll im Durchmesser, und wiegt über 2000 Pfund. Er ist in der Röhre mit einer Blechkappe bedeckt, welche abgenommen, und hierauf der Spiegel selbst mit Hilfe eines Krahns ausgehoben werden kann, um von neuem geputzt und poliert zu werden. Der vorige, dessen Politur ich sah, ist nicht zerbrochen, sondern nur nicht concav genug geschliffen: (ein Fehler, dem man noch abhelfen könnte) er war aber nicht so schwer.
Es ist zum Erstaunen, welche Kunst und wie viel Genie in den Erfindungen liegt, die Bewegungen des Instruments nicht nur möglich, sondern auch leicht zu machen, und wie glücklich der vortreffliche Erfinder alle Schwierigkeiten überwunden hat. Was man bei einem gewöhnlichen Instrumente mit eigner Hand bei dem Beobachten leicht verrichten kann, das hält hier so schwer, dass man daran beinahe verzweifeln möchte, wenn nicht Herschels mechanisches Genie so reich an Hilfsmitteln wäre. Man glaubt, am Rande eines Zauberkreises zu stehen, wenn man den Kieselgang an dem Zirkel von Stein betritt, und die Walzen sieht, auf denen sich von einer schwachen Hand 60000 Pfund umschwingen lassen! Der Tubus selbst ist ganz mit Eisenblech überzogen, eisengrau mit Ölfarbe angestrichen.
Bei kleinen Teleskopen hat man die Vorrichtung oft gemacht, dass das ganze Dach des Observatoriums, wo sie stehen (wie ich bei dem kleinen Instrument in Oxford bemerkte), umgedrehet werden kann, wodurch es denn möglich wird, in allen Gegenden des Himmels, durch die im Dache befindliche Öffnung zu beobachten. Allein ein Haus zu bauen, das ein Instrument von 40 Fuß Höhe in sich faßte, und Raum für dessen Beweglichkeit gäbe, wäre nicht leicht tunlich gewesen. Wie geschickt hat der Künstler nicht dieser Unbequemlichkeit abzuhelfen gewußt, indem er auf dem Gestelle des Instruments selbst die nöthigen Zimmer zur Beobachterswerkstatt anbrachte! Er konnte nicht das Haus über dem Instrument bewegen; wohlan! so versetzte er es auf das Instrument en miniature, und schob es mit demselben herum.
Große eiserne Barren liegen am Ende der Röhre unter dem Obiektivspiegel oder Reflektor; und hier bewegt sich auch der Tubus auf einer dicken eisernen Achse, die an jedem Ende auf einer kleinen Walze ruhet. Vermöge der eigentümlichen Bewegung, welche der Beobachter diesen Walzen mitteilen kann, ist er im Stande, ohne das Teleskop selbst durch den größeren Mechanismus fortrücken zu lassen, dem Rohr eine kleine Bewegung seitwärts oder aufwärts mitzuteilen, vermöge deren er ein Objekt vier bis fünf Minuten verfolgen kann, ehe er das Rohr stellen läßt. Dieser Vorteil ist von unbeschreiblicher Wichtigkeit bei dem Beobachten; denn das Stellen unterbricht jedesmal die Beobachtung, hingegen diese kleine unmerkliche Veränderung der Richtung hindert nicht, dass man fort betrachte.
Das zwanzigfüßige Teleskop ward früher als das vierzigfüßige aufgerichtet; und da es dieselbe Vorrichtung, nur im Kleinen, erheischte, so gab es dem Erfinder die Abänderungen und Zusätze zu dem Mechanismus des großen an die Hand. Ein zehnfüßiges, welches wir ebenfalls sahen, soll sehr scharf die Objekte darstellen. Ein ganz kleines drittehalbfüßiges, womit Miß Herschel neulich den Kometen entdeckte, ist sehr portativ; sie trägt es bald hier–, bald dorthin mit sich herum, auf den Boden, in den Garten, – und nennt es her little Sweeper, weil sie damit den Himmel kehrt. Herschel nennt seine Schwester: His little Comet-catcher. – Dr. Herschel macht noch immer dergleichen Teleskope, unter andern jetzt ein siebenfüßiges für den Herzog von Orleans. – Er läßt jetzt vermöge eines Mechanismus das Schleifen des Spiegels von zwei Arbeitern verrichten, wozu er sonst zwanzig brauchte. So simplifizieren sich nach und nach die schwersten Operationen! Er kann mit dem großen Teleskop nicht in den Mond sehen, weil dieser ihn blendet, und fast eben so wie die Sonne Flimmern vor den Augen verursacht. Schon im zwanzigfüßigen ist der Mond sehr blendend, und länger als eilf Minuten hält man es nicht aus. Saturns Ring bleibt schon im zwanzigfüßigen immer sichtbar.
Die Bewegung des Teleskops geschieht auf dem Durchmesser des Gestells, in gerader Linie, dergestalt, dass es bei einem kleinen Winkel, den es mit dem Horizonte macht, mit seiner Achse nahe an der Peripherie des Gestelles liegt, hingegen dem Centro näher rückt, so wie es sich in die Höhe richtet.